das portrait: Nordafrikas einziger jüdisch-arabischer Minister: der Tunesier René Trabelsi
Anfang dieser Woche ist René Trabelsi zum neuen Tourismusminister Tunesiens nominiert worden. Ein jovialer 55-Jähriger mit touristischer Kompetenz: Er hat in Frankreich Wirtschaftswissenschaft studiert und danach ein Reisebüro gegründet. Seit Jahren organisiert er als Chef von „Royal First Travel“ Reisen auf die Ferieninsel Djerba, vor allem aus dem französischen Markt. Trabelsi ist einer der Großen im tunesischen Tourismusgeschäft.
Er wurde am 14. Dezember 1962 als Ältester von sechs Geschwistern in einer jüdischen Familie auf Djerba geboren. Sein Vater Perez Trabelsi ist seit 33 Jahren Leiter der berühmten Ghriba-Synagoge auf der Insel. Eine Institution. Das älteste jüdische Gebetshaus in Afrika zieht bei seinem jährlichen Pilgerfest jüdische Besucher aus aller Welt an. Sie kommen aus Kanada, Europa, USA, Israel zu der jährlichen Wallfahrt eine Woche nach Ostern, bei der der Feigenschnaps Bouchka reichlich fließt. Hier auf Djerba hat Trabelsi seine touristische Kompetenz erworben.
Rund 1.600 Juden leben heute noch in Tunesien, die meisten auf Djerba. Die Familie Trabelsi ist Teil dieser alten jüdischen Gemeinde und Tradition. Auch symbolisch ist Trabelsis Wahl eine gute Entscheidung: Er ist aktuell der einzige jüdische Minister in einem arabischen Land und erst das dritte jüdische Kabinettsmitglied in Tunesien seit der Unabhängigkeit im Jahr 1956. Trabelsi steht für das unkomplizierte Zusammenleben von Muslimen und Juden und damit für ein Tunesien ohne Ressentiments, keine Selbstverständlichkeit in Zeiten des radikalen Islam.
Vor allem aber gilt René Trabelsi als kompetent und umgänglich. Er soll den tunesischen Tourismus aus der Krise führen. Zwar geht es nach den Terroranschlägen 2015, am Strand von Sousse und im Bardo-Museum in Tunis, wieder aufwärts: 2018 war mit sieben Millionen Gästen ein gutes Jahr für Tunesiens Tourismusindustrie. Vor allem die Insel Djerba mit ihren Stränden ist wieder gut im Geschäft. Aber dem tunesischen Tourismus fehlt es an Visionen, neuen Strukturen und Ideen. Außer einem zu Dumpingpreisen verkauften Strandtourismus, der dem Image des Landes wenig förderlich ist, hat Tunesien wenig zu bieten.
Die meisten der punischen und römischen Denkmäler fristen ein Schattendasein. Das Inland ist völlig unerschlossen. Wie ein rotes Band zieht sich eine Kette von Großhotels durch das Land, die Urlauber werden im Bus zu den Sehenswürdigkeiten gekarrt und hangeln sich von Hotelburg zu Hotelburg, weil es keine kleinen Restaurants, Cafés oder Pensionen, keine touristische Infrastruktur gibt. Es fehlt an Ideen zum Aufbau eines touristischen Mittelstands, auch wenn inzwischen einige schicke kleine Pensionen auf Privatinitiative entstanden sind.
Ob René Trabelsi dem Billigtourismus tatsächlich nachhaltigere Strukturen entgegensetzt, wird sich zeigen. Aber mit ihm ist ein Profi Tourismusminister, der die Branche genau kennt und auch die träge staatliche Tourismusverwaltung. Edith Kresta
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen