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„Kein Luxus-Geschäft“

Nicole Schütz verdient ihr Geld damit, zum Verkauf stehende Immobilien aufzuhübschen. Dafür wurde sie nun von Belladonna mit dem Gründerinnenpreis ausgezeichnet

Ein paar schicke Möbel steigern den Wert jeder Wohnung Foto: Rumpenhors/dpa

Interview Lea Schweckendiek

taz: Frau Schütz, wie kommt frau dazu, Home-Stagerin zu sein?

Nicole Schütz: Als ich 2014 mein Haus verkaufen wollte, hat mein Makler eine sehr weite Preisspanne aufgemacht, in der meine Immobilie verkaufbar wäre. Damals hab ich mir die Frage gestellt, wie ich einen Preis am oberen Ende dieser Preisspanne erreichen kann.

Sie nennen Home-Staging auch „Modernes Immobilienmarketing“. Warum?

Wir modernisieren die Präsentation von Wohnraum. Eine ansprechende Darstellung ist gerade im Rahmen der Online-Wohnungssuche ein ganz wichtiger Faktor für Vermarktung.

Ihnen wurde gestern der Gründerinnenpreis des feministischen Vereins Belladonna verliehen. Ist dekorieren nicht ein klischeebehaftet weibliches Geschäft?

Tatsächlich ist unser Berufsfeld sehr weiblich geprägt, nur wenige Männer machen diese Arbeit. Ob das mit einem Klischee zusammenhängt, kann ich nicht sagen.

Ist es in Ihren Beruf von Vorteil, eine Frau zu sein?

Ich denke, die Menschen wählen ihre Home-Stagerin nicht nach Geschlecht aus, sondern danach, ob die Arbeitsproben nach ihrem Geschmack sind.

War es für Sie schwieriger eine Firma zu gründen, als es das für einen Mann wäre?

Ich finde das Netzwerk, das in Bremen für Frauen in der Gründungsphase zur Verfügung steht, großartig. Die Unterstützung für mein Vorhaben war groß.

Foto: privat

Nicole Schütz,50, gelernte Versicherungskauffrau und Gründerin der Firma „Schütz-Homestaging“ in Vegesack

Sie nehmen Geld dafür, leeren Wohnraum zu gestalten, zum Beispiel durch Leihmöbel. Wer kann sich so was leisten?

Mein Geschäft ist kein Luxusgeschäft – ich präsentiere nicht ausschließlich Wohnungen im oberen Preissegment.

Wie teuer sind die Wohnungen denn, die Sie so stagen?

Darüber möchte ich nicht sprechen.

Wenn die Wohnung dann verkauft ist, kommen die Möbel wieder raus. Der Kaufpreis wurde aber deutlich gesteigert – finden Sie das nicht kapitalistisch?

Ich denke, dass sich jeder Eigentümer selbst entscheiden kann, ob er mein Angebot wahrnimmt. Es gibt immerhin keine Pflicht, eine Immobilie vor dem Verkauf zu stagen.

Wozu denn überhaupt der Aufwand?

Der Preis und seine Trägerinnen

Belladonna e. V. ist ein 1986 in Bremen gegründeter Verein, der sich der Förderung politischer, kultureller und gesellschaftlicher Bildung von Frauen sowie der Unterstützung bei Existenzgründungen verschrieben hat.

Den Gründerinnenpreis verlieh Belladonna Bremen e. V. am Donnerstagabend zum elften Mal an eine Bremer Jungunternehmerin. Ziel des Preises ist es, Unternehmensgründungen von Frauen öffentlich sichtbar zu machen. Zuletzt hatte 2016 der Firsör*innensalon Uebo den Preis für ihr nachhaltig ökologisches Salonkonzept erhalten. 2014 zeichnete Belladonna Barbara Hüchting mit ihrem lokalen Bücherladen „Findorffer Bücherfenster“ aus.

Die Preisträgerin gründete 2014 ihr Unternehmen als Home-Stagerin. Auf ihrer Internetseite finden sich entgegen ihrer Behauptung fast ausschließlich Beispielarbeiten aus Immobilien im deutlich gesteigerten Preissegment.

Wir versuchen, den Kaufinteressierten ein Raumgefühl zu vermitteln. Nur etwa 20 Prozent der Menschen können sich vorstellen, wie eine leere Immobilie gestaltet aussehen könnte. Diese Vorstellungskraft wollen wir anregen.

Ihr Konzept ist stringent: steril und modern statt gemütlich oder komfortabel. Spricht das alle an?

Steril ist Ihre Meinung – ich bewerte meinen Stil als klar und modern. Unsere Angebote sollen möglichst neutral sein. Wir bieten eine Projektionsfläche für eigene Gestaltungsideen.

In Bremen herrscht Wohnungsnot, trotzdem scheinen Eigentümer*innen für einen Verkauf auf Ihre Staging-Dienste angewiesen zu sein. Warum?

Auch wenn die Nachfrage für Wohnraum groß ist, gibt es doch Wohnungen oder Häuser, die nicht ideal geschnitten oder in einer Top-Lage und deshalb schwer vermittelbar sind. Und viele Suchende sind trotz der Situation wählerisch.

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