: Internetgigant im Klassenzimmer
Den Umgang mit Hetze im Netz lernten am Montag vier Klassen der Oberschule im Park. Es ist der erste von bundesweit mehreren Workshops an insgesamt 60 Schulen. Die Initiative kommt von Youtube
Von Lea Schweckendiek
Mit der Frage nach Sensibilität für Hasskommentare im Internet setzten sich am Montag vier siebte Klassen der Oberschule im Park auseinander. Das Projekt #NichtEgal fand hier den Auftakt einer bundesweiten Reihe – und sorgte mit einem prominenten Gast für Aufregung unter den Schüler*innen: Youtuberin Yvonne Pferrer, ehemals Schauspielerin in der Reality-Seifenoper „Köln 50667“ kam zu Gesprächen in die Schule.
Hate Speech ist ein im Internet weit verbreitetes Phänomen. Durch die Anonymität vermehrt sich die digitale Hetze zunehmend. Das ServiceBureau Jugendinformation Bremen und die Medienblau gGmbH sorgten für den pädagogischen Rahmen dieses Projektes. „Wir versuchen zu zeigen, was man gegen Hate Speech tun kann“, erklärt Daniel Hildebrand. Er ist Projektleiter bei Medienblau. Hetze im Netz bedeute für ihn, dass Online-Inhalte gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit verbreiten, diskriminieren oder die Menschenwürde anderer verletzen.
Yvonne Pferrer sprach mit den Schüler*innen über ihre persönliche Erfahrung mit Hasskommentaren. „Als ich im Fernsehen spielte, da war es besonders schlimm. Die Handlungen meiner TV-Rolle wurden oft mir als Person angelastet.“ Heute kommentiere die digitale Community noch hin und wieder ihr Aussehen, absurde Dinge wie ihre großen Füße zum Beispiel. „Ich habe einige Zeit gebraucht, um damit zurechtzukommen“, sagt die 24-Jährige. Zuerst habe sie sich ganz aus den sozialen Netzwerken zurückgezogen, um nicht zu lesen, was über sie verbreitet wird. Mit Hilfe psychologischer Beratung sei es ihr heute möglich, damit umzugehen. „Was es am dringendsten braucht, das ist ein Mensch, mit dem man über die Angriffe sprechen kann.“
Auch die Schüler*innen, die Teil des Projekts sind, haben schon Hetzkommentare im Internet gelesen. „Ich sehe bei Youtube immer wieder Kommentare, die gegen Homosexuelle schimpfen“, erzählt Projektschülerin Michelle. Ihren Umgang damit soll das Projekt positiv beeinflussen, sie dazu befähigen mitzureden, durch positives Feedback zu helfen, sagt Hildebrandt.
Dass dies mit dem Geld des Internetkonzerns Google passiert, zu dem Youtube gehört, fand die Schulleiterin Monika Steinbauer zunächst problematisch. „Wir haben lange überlegt, ob Medienbildung unter dem Logo eines Konzerns zu sehr beeinflusst.“ Die Kooperation mit lokalen, unabhängigen Träger*innen habe sie aber überzeugt. Youtube war zu Beginn auch für die Auswahl der Projekt-Unterstützer*innen kritisiert worden. Dazu gehört auch der Channel „BullshitTV“ – der hatte sich früher selbst diskriminierender Beleidigungen wie „Spasti“ bedient.
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