heute in hamburg: „Die Meinung der Bevölkerung wird ignoriert“
Eva Nohe, 27 Jahre, engagiert sich bei Ende Gelände Hamburg unter anderem für den Kohleausstieg.
Interview Maren Knödl
taz: Frau Nohe, im Hambacher Forst soll bei einem Protest am 6. Oktober eine „Rote Linie“ gezogen werden. Wofür steht diese Linie inhaltlich?
Eva Nohe: Dass ein Wald gerodet werden soll, um die darunter liegende Kohle abzubauen, überschreitet für uns die „Rote Linie“. Der Umgang mit dem Hambacher Forst ist ein Symbol für die deutsche Klimapolitik. Bäume, die Sauerstoff produzieren, werden abgeholzt, um weiter Kohle, den klimaschädlichsten Brennstoff von allen, zu fördern.
Was bedeutet Klimagerechtigkeit für Sie und was muss dafür getan werden?
Die westlichen Länder müssen jetzt die Verantwortung für ihre bisherige Klimapolitik übernehmen. Denn unter deren Folgen leiden vor allem Menschen aus anderen Ländern. Der erste Schritt muss der vollständige Kohleausstieg sein. Aber auch der Verkehr und die Produktion von Gütern in unserem neoliberalen System kann nicht so weitergeführt werden wie bisher. Deswegen muss sich das ganze System ändern und kollektiv gegengesteuert werden. Wenn wir jetzt alle auf Energiesparlampen umsteigen und recyceln, aber RWE trotzdem weiter Kohle verbrennt, bringt der individuelle Einsatz wenig.
Werden die politischen Herausforderungen größer?
Ich weiß nicht, ob man das nicht zu jeder Zeit subjektiv so wahrnimmt. Aber ich habe schon das Gefühl, dass sich die Gesellschaft immer mehr polarisiert, und dass die Meinung der Bevölkerung von der Politik so ignoriert wird, ist völlig absurd. Obwohl Umfragen zeigen, dass drei Viertel der Deutschen nicht wollen, dass der Hambacher Forst gerodet wird, und stattdessen einen sofortigen Kohleausstieg fordern. Deswegen müssen wir jetzt auch Grenzen überschreiten. Denn: Wenn Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht.
Welche Grenzen überschreiten Sie?
Info-Abend „Ein Wald muss verteidigt werden, um das Klima zu retten“ zum Hambacher Forst: 19 Uhr, HAW, Berliner Tor 5, Raum 1. 10
Wir rufen zu zivilem Ungehorsam auf. Nur weil Dinge nicht legal sind, heißt es nicht, das sie nicht moralisch richtig sind. Zum Beispiel ist es gerade illegal, in den Hambacher Forst zu gehen oder einen Bagger von RWE zu blockieren. Trotzdem machen wir es.
Also müssten noch mehr Menschen in den Hambacher Forst kommen, um zu demonstrieren?
Ja. Für die Aktivisten, die gerade auf den Bäumen gefangen sind, weil sie sofort festgenommen werden, wenn sie runterkommen, ist das eine wichtige Unterstützung. Aber man kann auch auf eine Demo in Hamburg gehen oder etwas spenden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen