piwik no script img

Der Klimawandel trifft die Kleinbauern

Die Produzenten des Fairen Handels müssen auf die Veränderung des Klimas reagieren und brauchen dabei Unterstützung

Mehr als eine Woche

Auch die 17. Faire Woche ist in der Summe wieder mehr, als ihr Name vermuten lässt: Über 2.000 Veranstaltungen werden an 14 Tagen in der zweiten Septemberhälfte bundesweit stattfinden. Viele verschiedene Akteure werden auf unterschiedliche Weise zeigen, was ökonomisch und sozial weltweit besser gemacht werden kann: begonnen mit dem alltäglichen Einkauf und darüber hinaus mit gesellschaftlichem Engagement in allen Facetten. Dabei wird es einerseits ums Geld gehen, das alle Produzenten für ihre Arbeit bekommen sollen. In diesem Jahr rückt die Ökologie in den Fokus. Denn ohne eine gesunde und stabile Umwelt kann auch Fairer Handel künftig nicht mehr funktionieren.

Von Frank Herrmann

Überschwemmungen, Hitze, Stürme: Immer öfter zeigen sich Klima- und Wetterkapriolen auf unserem Planeten. In den reichen Industrieländern des Nordens werden Schäden in der Regel schnell beseitigt, Betroffene von Versicherungen oder vom Staat entschädigt. Anders sieht es im globalen Süden aus, wo der Großteil der armen Bevölkerung der Erde. Ob in den Slums der Großstädte, in Küsten- oder Bergregionen: Klimaveränderungen sind für dort lebende Menschen oft existenz- oder sogar lebensbedrohend.

Besonders betroffen sind rund 1,5 Milliarden Kleinbauern und ihre Familien, von denen einige auch für den Fairen Handel produzieren. Die meisten von ihnen leben im Rhythmus der Jahreszeiten und in Abhängigkeit von pünktlich einsetzenden Regenfällen. Doch die Klimamaschine ist ins Stocken geraten, die Jahreszeiten verschieben sich, Unregelmäßigkeiten nehmen zu: Es regnet zur falschen Zeit und wenn, dann zu heftig. Stärkere und häufigere Winde führen zu Erosion. Der steigende Meeresspiegel lässt in Küstennähe fruchtbare Böden versalzen.

Während Reisbauern in Nordperu unter Überschwemmungen leiden, sind Roibos-Felder in Südafrika von Dürre betroffen. Bananenproduzenten in der Karibik werden häufiger als früher von zunehmend stärkeren Wirbelstürmen heimgesucht. In Mittelamerika kämpfen Kaffeekleinbauern gegen Pilzkrankheiten wie den Kaffeerost. Uns selbst das Kunsthandwerk ist betroffen, weiß man bei der Fairhandels-Importorganisation El Puente zu berichten: „Hitzewellen machen das Arbeiten in den kleinen Fertigungsstätten oft unerträglich, die dort häufig verwendeten natürlichen MaterialIen sind bei starker Hitze zu trocken zum Verarbeiten, nach heftigem Starkregen trocknen sie hingegen nur schwer2, erzählt Nina Labode von der Pressestelle.

Oft erleiden die Bauern zum Teil massive Ernteverluste und Einkommenseinbußen. Ein Minus, für das sie keine staatliche Entschädigung erhalten. Vermarkten sie weniger Cashewnüsse, Kaffee oder Kakao über den Fairen Handel, fällt auch ihre Fairhandelsprämie niedriger aus. Mit diesem Sozialbonus, einer Ergänzung zu den fairen Preisen, werden Maschinen zur Weiterverarbeitung finanziert, Schulen gebaut oder die Umstellung auf Bioanbau bezahlt.

Der Klimawandel bedeutet eine riesige Herausforderung für alle Akteure des Fairen Handels. Doch alleine schaffen es die Bauern nicht, obwohl sie Anbauprodukte diversifizieren, Bewässerungssysteme installieren oder brachliegende Felder aufforsten. Jetzt machen sich ihre langfristigen Handelsbeziehungen mit den Partnern im Norden bezahlt – ein Grundgedanke des Fairen Handels. „Die Produzenten können sicher sein, dass wir auch in Zukunft ihre Produkte abnehmen und sie unterstützen, auch wenn sie in Folge des Klimawandels Ernteeinbußen verzeichnen“, sagt Labode.

Die Unterstützung für die Bauern ist vielfältig. So lässt der Fairhändler Gepa bei seinen philippinischen Zuckerlieferanten Alter Trade Corporation (ATC) in einem Zeitraum von sieben Jahren mehr als 46.000 Bäume pflanzen. Diese sollen nicht nur CO2 binden, sondern auch die Bodenqualität verbessern, Erosion verhindern sowie Früchte und Brennholz liefern. Mit dem Aufforstungsprojekt gleicht die Gepa ihre in Deutschland entstandenen CO2-Emissionen aus.

Bei El Puente hilft man Handelspartnern durch Transfer von Know-how oder Mehrzahlungen wie beispielsweise den Kaffeebauern in Mexiko oder Maniok-Bauern in Indonesien, die zuletzt durch starken Regen große Ernteeinbußen verzeichnen mussten Mit dem El-Puente- Entwicklungsfonds können zudem Klimaschutzprojekte oder Klimaanpassungsmaßnahmen gefördert werden.

Bei der Siegelorganisation Fairtrade setzt man bei der Bekämpfung des Klimawandels neben landwirtschaftlicher Beratung seit 2015 auf einen eigenen Klimastandard, der dörfliche Gemeinschaften in den freiwilligen Emissionshandel einbezieht.

Nur durch sozialen und ökonomischen Wandel kann der Klimawandel abgefedert werden.

Mehr zum Thema Klimawandel auf Seite 4 (linke Spalte)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen