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: Theresa May nennt zwei Verdächtige im Fall Skripal

Russische Geheimdienstmitarbeiter seien der Vergiftung des Ex-Agenten Sergei Skripal überführt worden, sagt die britische Premierministerin. Es sei ein Haftbefehl erwirkt worden

Das Neue

Zwei Mitglieder des russischen Militärgeheimdienstes GRU sollen für den Giftanschlag auf den russischen Ex-Doppelagenten Sergei Skripal und seine Tochter Julia am 4. März dieses Jahres verantwortlich sein. Das behauptete die britische Premierministerin Theresa May am Mittwoch im Unterhaus.

Nach der Auswertung von 11.000 Stunden Videoaufnahmen haben die Ermittler Ruslan Boschirow und Alexander Petrow als Attentäter identifiziert, sagte sie. Sie seien zwei Tage vor dem Attentat mit echten russischen Pässen, aber möglicherweise unter falschen Namen mit einem Aeroflot-Flug in Gatwick gelandet. Am nächsten und übernächsten Tag seien sie jeweils nach Salisbury gefahren, um die Lage zu erkunden, erklärte die Polizei.

Auf Überwachungsvideos seien sie in der Nähe des Wohnhauses der Skripals zu erkennen. Sie sollen die Eingangstür mit dem Nervengift ­Nowitschok präpariert haben und danach vom Flughafen Heathrow aus nach Moskau gereist sein.

Kontext

Sergei Skripal hatte als Doppelagent gearbeitet und war im Zuge eines Austauschs von enttarnten Spionen nach Großbritannien gekommen. Er und seine Tochter Julia waren am 4. März bewusstlos auf einer Parkbank in Salisbury entdeckt worden. Beide überlebten den Anschlag. Er löste jedoch schwere diplomatische Verwicklungen aus. Die USA wiesen 60 russische Diplomaten aus, nachdem bereits Großbritannien und gut zwei Dutzend weitere Staaten russische Diplomaten nach Hause geschickt hatten. Russland antwortete mit der Ausweisung US-amerikanischer Diplomaten.

Im Juni kam ein britisches Paar versehentlich mit Nowitschok in Kontakt. Der 45-jährige Charlie ­Rowley hatte in Amesbury in Wiltshire ein Fläschchen gefunden, das laut Etikett das Parfüm „Premier Jour“ der Marke Nina Ricci enthielt. Seine Partnerin, die 44-jährige Dawn Sturgess, rieb sich damit die Handgelenke ein. Wenig später starb sie, denn in dem Flakon befand sich N­owitschok.

Konsequenz

Die Staatsanwaltschaft in London erklärte, es gebe genügend Beweise, um Anklage gegen Boschirow und Petrow wegen versuchten Mordes, gefährlicher Körperverletzung und Besitzes chemischer Waffen zu erheben. Im Fall Sturgess werden sie jedoch nicht angeklagt. Großbritannien hat einen europäischen Haftbefehl gegen die beiden Russen erwirkt. Man werde jedoch keinen Auslieferungsantrag an Russland stellen, da das aussichtslos sei, sagte May.

Reaktionen

Das russische Außenministerium erklärte am Mittwoch, die Namen der beiden Beschuldigten seien Moskau unbekannt. Die Pressesprecherin Maria Zakharova sagte, Großbritannien möge die öffentlichen Anschuldigungen unterlassen und stattdessen mit den russischen Behörden an der Aufklärung des Anschlags in Salisbury arbeiten. Sie kritisierte die britische Regierung für die Weigerung, Russland die Akten des Falls zugänglich zu machen.

Ralf Sotscheck