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Die WahrheitDas bebende Katerzimmer

Die unwirtlichsten Unterkünfte der Welt (10): Mit Lagerfeuerlieder tirilierenden Deutschen in einem Dubliner Hostel.

Irgendwann holen Deutsche immer ihre speckigen Gitarren heraus und fühlen sich wie am Lagerfeuer Foto: AP

Das Völkchen der Journalisten und Schriftsteller gilt als Weltmeister im Reisen. Dauernd sind Autoren zu Lesungen und Buchmessen unterwegs oder müssen sich auf ihren Expeditionen durch aller Damen und Herren Länder eine Unterkunft suchen. Dabei haben sie einige der abseitigsten Absteigen der Welt gesehen und sind dort untergekommen, wo andere keinen Fuß ­hineinsetzen würden. In unserer Wahrheit-Sommerserie dokumentieren wir das ganze Ausmaß des unbehausten Schreckens.

Es geschah während der Fußballweltmeisterschaft 2018. Aus Protest gegen die Schweine-Fifa hatten wir uns gegen Moskau und für Dublin entschieden. Flug und Hostel waren von meinem langjährigen Reisekumpanen Ducky gebucht worden. Obwohl ich ihm die für mich ausgelegten Geldbeträge bereits nach der ersten oder zweiten Mahnung überwiesen hatte (Verwendungszweck 1: „Auftragsmord Nachbarshund“; Verwendungszweck 2: „Andreas Gabalier Tourticket 2018“), schien er kurz vor Abflug keine Lust mehr auf einen Trip an meiner Seite zu verspüren und schob einen Kreuzbandriss samt Operation vor (meine Diagnose: Trinkerknie). Dabei hätte ich dir dieses von dir organisierte Erlebnis so gegönnt, Kumbi! (Diminutiv von „Kumpel“).

Als Liebhaber der heilsamen Wirkung quietschender Betten hättest du große Freude gehabt. Und es bedurfte nicht einmal einer Gliederbewegung, um das erquickende Geräusch herbeizuführen: Schon beim Ein- und Ausatmen gemahnte das Gestell unter der freundlicherweise durchgelegenen Matratze (Pluspunkt Service!) an den durchdringenden Todesschrei eines Schimpansen, dem man zwei Äxte in die Stirn haut.

Ein Lager für die nötige Bettschwere

Sonderlingen wie mir, denen derlei Sounds nicht zusagen, verschafften ein paar Guinness oder Rockshore Irish Lager (das beste Bier der Welt) im Pub um die Ecke die nötige Bettschwere. In Kombination mit der Fähigkeit, das Luftholen für ein paar Stunden vollständig einzustellen, hätte man hernach auch endlich seine Ruhe gehabt. Wäre da nicht der Pub um die Ecke gewesen. Von den volltrunken heimkehrenden Gästen hörte ich dank einer cleveren Idee des Eigentümers allerdings keinen Rülpser: Er hatte das Gebäude direkt an das meistbefahrene Stadtbahngleis der Stadt gebaut. Die ratternden Waggons übertönten das Gegröle der Säufer (Fußball-WM) locker.

Zwar fuhren die Bahnen bis spät in die Nacht. Dafür aber auch wieder sehr früh am Morgen, womit sie unsereinem nicht nur das lästige Weckerstellen ersparten, sondern durch das Zum-Beben-Bringen des gesamten Zimmers gleich auch meine müden Knochen massierten und den Kater (Rock­shore Irish Lager) aus den Schläfen schüttelten. Das Badezimmer befand sich zudem direkt am Gleis, Wand an Wand mit den Abteilen. Drehte man das (ausschließlich kalte) Wasser unter der Dusche ab, konnte man echten Iren beim morgendlichen Plausch in der Bahn lauschen. Megaauthentisch!

Die drei Zähne im Mund des Käpt’ns blitzten aus lauter Vorfreude

Noch cooler waren nur die gesprächsfreudigen Hipster im Hostel: „O, Germany? That’s nice! O, Stuttgart? Pretty nice! O, Dieselskandal? Wow, very nice!“ Wie bei jedem Auslandsaufenthalt waren es jedoch die deutschsprachigen Mitbürger, die die Herberge zu einer unvergesslichen Unterkunft machten.

Gerade hatte ich mich mit einer Palette Rockshore Irish Lager (schmackofatz!) in den Gemeinschaftsraum zur Betrachtung des Spiels Island gegen Nigeria gesetzt. Eine Französin, ein Nigerianer und ein Mexikaner schauten mit. Während wir vier fachsimpelten und die Kompetenz des Kommentators (Depp) in Frage stellten, stiefelte eine fünfköpfige Reisegruppe ­herein. Seltsamerweise wählten die Damen und Herren Plätze, von denen man keine Sicht aufs Glotzophon hatte.

Deutschen ist alles zuzutrauen

Warum?, fragst du dich und auch mir ging ein Mühlrad im Kopf herum (Faust), wusste ich zu diesem Zeitpunkt doch noch nicht, dass es sich um Deutsche handelte, denen im Urlaub bekanntlich alles zuzutrauen ist.

Als der Sauhund von Schiedsrichter Abseits pfiff (ich hatte ein paar Euro gewettet), packte einer dieser teutonischen Lehramtsstudenten (ja) hastig eine Gitarre aus. Kurz darauf tirilierte die gesamte Truppe Lagerfeuerlieder (Sportfreunde Stiller und so weiter).

Dass der Kommentator des Spiels mit der Zeit immer lauter sprach, hielten die Volksmusikanten offenbar für Zufall und johlten ebenfalls kräftiger. Meine neugewonnenen Freunde aus Nigeria und Mexiko blickten mich erst irritiert, dann entsetzt und schließlich, weil ich halt bedauerlicherweise auch Deutscher bin, vorwurfsvoll an. Ich hätte nie gedacht, dass ich das einmal schreibe, aber: Hätte ich mich doch nur als Österreicher ausgegeben! Immerhin: Die im Umgang mit Almans vermutlich bereits erfahrenere Französin zischte lediglich „Allemands“ und verdrehte die Augen. Die beiden anderen wirkten aggressiver.

Wie die Sache ausging? Wahrscheinlich übel, aber gesicherte Informationen liegen mir nicht vor, hatte ich mich doch noch vor Spielende mit den restlichen Dosen Rockshore Irish Lager (mmhhhmmmm) ins Bett gelegt – das war nämlich der einzige Ort im Gebäude, an dem man dank des Quietschens und Dröhnens nichts vom Sang des deutschen Liederkreises vernahm. Aufrichtigen Dank also für dieses Zimmer, Kumbi!

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1 Kommentar

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  • ;)) - Ja wie? Der Kumbi!;)



    Ja - da lacht der Kleingärtner.

    Hat‘er sich einmal in seinem Leben - wa!



    Aber so richtig - Reingekniet!



    & Däh!



    Isses ooch wieder nich rech‘ - kerr!

    Liggers. Dank & German Angst - davor.



    Na - Si’cher Dat. D'accord. Da mähtste nix.



    Normal.