Antisemitische Angriffe gegen Gastronom: Hassmails ohne Ende
Seit Monaten terrorisiert ein Mann aus Sachsen Menschen mit antisemitischen Mails. Was passiert, wenn man ihm antwortet?
Montag, 9. Juli 2018, acht Uhr abends. Die ersten Artikel über den jüdischen Gastronom Yorai Feinberg und seinen neuesten Troll F. sind seit etwa einem Tag online, als dieser Troll sich an seinen Rechner setzt und eine Mail an Feinberg abschickt.
„Du kapierst es einfach nicht, du geistloser Haufen!!!“, schreibt F. „Du bist am falschen Ort und wir haben eure HOLOCAUST-LÜGE satt. Verpiss dich du Missgeburt.“
Am Dienstag, 10. Juli, um 1.54 Uhr verschickt er die nächste Mail.
Dann wieder um 2.00 Uhr, um 2.09 Uhr, um 2.22 Uhr, um 2.45 Uhr. Um 3.59 Uhr kommt die letzte Mail für die Nacht, aber schon um 13.07 Uhr geht es weiter: „heil hitler hahahaaha sheeesh“
Yorai Feinberg leitet all diese Mails weiter: an die Polizei, an den Antisemitismusbeauftragten der Jüdischen Gemeinde, an die israelische Botschaft, an die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus und an verschiedene Journalisten. Einige Tage lang passiert nichts. Feinberg bekommt weiterhin Mails: „Du bist ein Untermensch“, schreibt F. „Du kommst in die Hölle!“ Und Schlimmeres.
Warum macht er das?
Eine Anfrage beim Landeskriminalamt. Offiziell darf man sich dort nicht zu laufenden Verfahren äußern, inoffiziell lassen die Beamten durchblicken, dass sie den Mann kennen. Sie können allerdings nicht ad hoc handeln, weil er sich in einem anderen Bundesland befindet.
Nach taz-Informationen wohnt der Mann in Sachsen. Opferberatungsstellen in der Gegend kennen ihn zwar nicht persönlich, aber seine E-Mail-Adresse. Von der aus terrorisiert er seit Anfang des Jahres verschiedene Menschen mit antisemitischen und sexistischen Mails. Ein Anrufer bei Yorai Feinberg berichtet sogar, dass der Mann seine Freundin seit zehn Jahren stalkt.
Warum macht er das? Die E-Mail-Adresse des Mannes ist bekannt. Was passiert, wenn man ihn einfach fragt?
„Sehr geehrter Herr F., ich bin Journalistin und würde gerne mit Ihnen in Kontakt treten. Es geht um die Mails, die Sie an verschiedene Leute schicken. Ich wüsste gerne, warum Sie das tun.“
Zwei Stunden dauert es, dann antwortet er. Er klingt zahmer als in seinen Mails an Feinberg. Er habe sich doch bei Feinberg entschuldigt für die schlechte Bewertung seines Restaurants bei Google – und diese auch gelöscht. Er hätte ihm nie mehr geschrieben, wenn Feinberg nicht in der Öffentlichkeit „rumgeheult“ hätte wegen diesem „Vorhaut-Witz“.
E-Mail-Adresse gelöscht
In einer schlechten Bewertung von Feinbergs Restaurant stand, dass die „panierte Vorhaut nicht knusprig genug war“. Sieben Minuten später verschickt F. die nächste Mail. „Ich will nichts mit Journalisten zu tun haben, ihr macht einem nur das Leben kaputt mit solchen Lügen!“, schreibt er.
Eine Stunde später hat F. offenbar seine E-Mail-Adresse gelöscht. Der Server schickt eine Fehlermeldung: „No such local user“. Die E-Mail-Adresse, von der aus er ein halbes Jahr lang Menschen terrorisiert hat, scheint es nicht mehr zu geben.
Für Yorai Feinberg hat es sich gelohnt, an die Öffentlichkeit zu gehen, auch wenn er eine Zeitlang mehr Hass als sonst aushalten musste. Die Polizei hat den Mann vor einigen Tagen besucht und mit ihm gesprochen. Vielleicht ging es jetzt vergleichsweise schnell, weil der öffentliche Druck so groß war. Der Mann hat versprochen, Feinberg in Ruhe zu lassen. Gegen ihn läuft jetzt ein Verfahren.
Und die Polizei hat noch weitere Verfahren eröffnet, die vorher auf Eis lagen. Unter anderem gegen einen Mann, der Feinberg im April am Telefon damit gedroht hatte, dass er ihn umbringen will. Die Polizei wusste, wer dieser Mann ist, sagt Feinberg. Aber sie hatte offenbar nichts unternommen. Bis jetzt.
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