: Armee und Zivi: Union will zurück zur Pflicht
Die CDU diskutiert eine Wiedereinführung der Wehrpflicht. Gut fänden die einer Umfrage zufolge vor allem WählerInnen der AfD. Der Wehrbeauftragte und die Linke sind skeptisch
Die von CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer ins Gespräch gebrachte Idee, eine Dienst- oder Wehrpflicht wiedereinzuführen, findet in der Union Zustimmung. In einer gemeinsamen Initiative sprachen sich die Junge Union (JU) und die Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der Union (MIT) für die Einführung eines „verpflichtenden Gesellschaftsjahres“ für alle Schulabgänger aus, wie Bild am Sonntagberichtete. Die Mehrheit der Deutschen befürwortet einer Umfrage zufolge eine Wiederaufnahme der seit sieben Jahren ausgesetzten Wehrpflicht.
Dem Vorschlag von JU und MIT zufolge sollen Schulabgänger selbst entscheiden, ob sie das Pflichtjahr bei der Bundeswehr oder in einer sozialen Einrichtung absolvieren. „Wir leben in einem wunderbaren, einem wohlhabenden Land“, sagte JU-Chef Paul Ziemiak der Zeitung. „Ein Gesellschaftsjahr gibt die Möglichkeit, etwas zurückzugeben und gleichzeitig den Zusammenhalt im Land zu stärken.“ MIT-Chef und Fraktionsvize Carsten Linnemann sagte, ein solches Pflichtjahr würde zudem soziale Kompetenzen stärken. Beide Politiker wollen nach eigenen Angaben nun Gespräche mit Sozialeinrichtungen, Bundeswehr, Arbeitgeberverbänden und Unternehmen über eine Umsetzung ihres Vorstoßes führen.
Der Reservistenverband der Bundeswehr begrüßt die Idee. Präsident Oswin Veith sagte gegenüber Bild am Sonntag: „Wir stellen uns vor, dass sich junge Männer und Frauen ab 18 mindestens ein Jahr in der Pflege oder in den Streitkräften engagieren oder sich verpflichten, für mehrere Jahre eine Blaulichtorganisation wie das Deutsche Rote Kreuz oder das Technische Hilfswerk zu unterstützen.“
Rechtliche Bedenken
Auch SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach signalisierte Unterstützung. „Ich finde den Gedanken grundsätzlich nicht falsch“, sagte er. „Weil die Union damals die Wehrpflicht überstürzt abgeschafft hat und damit auch der Zivildienst wegfiel, fehlen in vielen sozialen Einrichtungen diese Kräfte.“
Der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, Hans-Peter Bartels (SPD), äußerte sich dagegen skeptisch. „Eine allgemeine Dienstpflicht für Männer und Frauen ist verfassungsrechtlich im Moment nicht möglich. Das fällt unter das Verbot der Zwangsarbeit.“ Nur über das Wiederaufleben der Wehrpflicht könne man junge Frauen und Männer erfassen, die entweder ein Jahr Dienst bei der Bundeswehr oder ersatzweise in sozialen Einrichtungen ableisten.
Auch die Linkspartei sprach sich gegen den Vorstoß aus. „Einen Pflichtdienst oder ein Pflichtjahr lehne ich ab, insbesondere wenn es darum geht, personelle Notstände in der Bundeswehr, in der Pflege oder in sozialen Bereichen zu verringern“, sagte der Fraktionsvorsitzende Dietmar Bartsch der Welt. „Pflichtdienste sind vergangenes Jahrhundert.“ Richtig sei es hingegen, die „Jugendfreiwilligendienste auszubauen und attraktiv zu machen“.
In einer am Sonntag veröffentlichten Umfrage des Online-Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag der Funke Mediengruppe sprachen sich 55,6 Prozent von insgesamt 5.046 Befragten für eine Wiederaufnahme der Wehrpflicht aus. 39,6 Prozent antworteten ablehnend: 27 Prozent der Befragten wollen „auf keinen Fall“ eine Wiedereinführung, 12,6 Prozent antworteten mit „eher nein“.
Dietmar Bartsch, Fraktionsvorsitzender der Linken
Unterschiedliche Auffassungen gibt es laut dem Umfrageergebnis je nach Parteienpräferenz der Befragten. Anhänger der AfD sprachen sich am deutlichsten für eine Wiederaufnahme der Wehrpflicht aus: 60,6 Prozent der AfD-Sympathisanten wollen sie „auf jeden Fall“ wiedereinführen. Bei den Grünen-Anhängern waren es dagegen 15,1 Prozent. Am deutlichsten sind Anhänger der Linken gegen die Wehrpflicht. 51,2 Prozent von ihnen antworteten auf die Frage „Soll Deutschland die Wehrpflicht wieder einführen?“ mit „Nein, auf keinen Fall“.
Die Wehrpflicht war zum 1. Juli 2011 ausgesetzt worden. Die Bundeswehr ist seitdem eine Freiwilligenarmee. Sie steht nun beim Anwerben junger Leute in Konkurrenz mit der Wirtschaft. Als Ersatz für den zusammen mit der Wehrpflicht weggefallenen Zivildienst war der Bundesfreiwilligendienst geschaffen worden. epd
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