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Kreative in Containern

Im Projekt Interspace arbeiten Studierende der Hochschule für Künste und der Hochschule Bremen gemeinsam an Stadtentwicklungskonzepten. In diesem Jahr ging es um die Nachnutzung einer ehemalige Flüchtlingsunterkunft

Neue Heimat Rembertikreisel: Entwurf für das ehemalige „Rote Dorf“ Foto: Ulrike Mansfeld

Von Karolina Meyer-Schilf

Wenn die Wissenschaftssenatorin dringend Unterkünfte für Studierende sucht und die Sozialsenatorin gerade nicht weiß, wohin mit einer Containersiedlung für Geflüchtete, die nicht mehr benötigt wird – dann können die Studierenden der Hochschule und der Hochschule für Künste helfen. In dem nunmehr seit sechs Jahren laufenden Kooperationsprojekt „Interspace“ gab es in diesem Jahr eine sehr konkrete Aufgabenstellung: Unter dem Motto „Die kreative Stadt“ sollten die Studierenden einerseits Ideen dafür entwickeln, wie kreatives Arbeiten und Wohnen im Stadtraum vernetzt werden kann – und dabei andererseits auch das überflüssig gewordene „Rote Dorf“, eine temporäre Flüchtlingsunterkunft aus Containern in der Überseestadt, mit einbeziehen.

Die fünf Entwürfe, die die Studierenden schließlich präsentierten, überzeugten die Jury so sehr, dass es am Ende keinen eindeutigen Gewinner gab. Die unter anderem aus VertreterInnen der verschiedenen Senatsressorts bestehende Jury rettete sich schließlich mit zwei Preisträgern, einem Sonderpreis und zwei Anerkennungen. Auch das Preisgeld von insgesamt 1.000 Euro wurde nach diesem Schlüssel aufgeteilt.

Die Konzepte selbst sind so unterschiedlich wie die Orte, an denen sie angesiedelt sind: Eine der beiden Preisträgergruppen verortet das ehemalige Containerdorf weiterhin in der Überseestadt, auf einer Freifläche neben dem Speicher 11A. In Nachbarschaft zur Hochschule für Künste sieht der Entwurf einen Ort vor für junge Kreative, Gründer und explizit auch Geflüchtete, die dort künstlerisch oder handwerklich tätig sein wollen.

Zwei weitere Studierendengruppen wählten den Rembertikreisel als Ort für ihre Entwürfe: Ein Entwurf nutzt die Freifläche in der Mitte des Kreisels für Ateliers auf Zeit für Künstler in Kombination mit Wohnungen und Ausstellungsflächen – die NutzerInnen sollen den Ort selbst weiterentwickeln. Ein anderer Entwurf setzt den Schwerpunkt auf ein Urban-Gardening- und Farming-Projekt und versieht sowohl den Rembertikreisel als auch den Lucie-Flechtmann-Platz mit Containern, in denen etwa Gartengeräte aufbewahrt oder die Ernte weiterverarbeitet werden kann.

„Jedes Projekt wäre es wert, umgesetzt zu werden“

Detlef Rahe, Professor an der Hochschule für Künste

Das Konzept „Red Grid“ wiederum, ebenfalls einer der Preisträger, sieht eine aufgesplittete Nutzung der roten Container vor: Diese können für ganz unterschiedliche Zwecke angemietet und flexibel im Stadtraum eingesetzt werden, etwa als Büchercontainer, Fahrradwerkstatt oder als Café. Auch hier sind junge Kreative und Gründer im Fokus, denn sie sollen mit der zunächst temporären Nutzung ermutigt werden, ihre Idee umzusetzen und gegebenenfalls zu verstetigen.

Eine weitere Gruppe setzte das Contai­nerdorf einfach auf ein bestehendes Gebäude obendrauf: Das Beck’s-Flaschenlager hat eine innenstadtnahe Premiumlage in der Neustadt – und wird außer zum Flaschensortieren für nichts genutzt. Die Studierenden planten also ein „Craft Roof“ obendrauf – mit Wohnungen für Studierende, Gastronomie und Gewerbe sowie Ateliers. Das „Rote Dorf“ bleibt dabei komplett erhalten und wir durch weitere Bauten sogar noch ergänzt.

Ob und wie die Entwürfe der Studierenden umgesetzt werden können, hängt nun vor allem an den beteiligten Ressorts. „Baurecht oder Bodenrecht sind nicht Sache der Studierenden“, sagt Detlef Rahe, Professor für Design an der Hochschule für Künste und neben der Architektin Ulrike Mansfeld von der Hochschule Bremen Leiter des „Interspace“-Projekts. Er ist sich sicher: „Jedes dieser Projekte wäre es wert, umgesetzt zu werden.“

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