Offensive in Syrien: Assads Endschlacht

Syriens Regime hat mit der Erstürmung der Region Daraa begonnen, dem Ursprungsort der Anti-Assad-Proteste. Zehntausende fliehen.

Luftangriff auf Daraa, 28. Juni Foto: ap

BERLIN taz | Wieder führt Syriens Regime einen erbarmungslosen Eroberungskrieg, und wieder sieht die internationale Gemeinschaft tatenlos zu. Seit dem 20. Juni hat Syriens Regierung ihre lang angekündigte Bodenoffensive gegen die Rebellengebiete rund um Daraa im Südwesten des Landes an der jordanischen Grenze begonnen.

Begleitet von außergewöhnlich schweren russischen Luftangriffen, haben Regimetruppen im östlichen Rebellengebiet erhebliche Geländegewinne erzielt, einige Ortschaften eingekesselt und andere unter Dauerbeschuss gestellt. Die Gegenseite ist gespalten: Einzelne Rebellengruppen kämpfen entschlossen, andere halten still in der Hoffnung auf spätere Evakuierungen durch das Regime.

Das Internationale Rote Kreuz (IKRK) warnte am Mittwoch, „Zehntausende“ Zivilisten seien unmittelbar bedroht. Hilfswerke haben Luftangriffe auf Krankenhäuser dokumentiert. Am Donnerstag meldeten Aktivisten den Tod von 22 Zivilisten bei russischen Angriffen auf Al-Museifra, darunter fünf Kleinkinder in einem Keller.

Insgesamt stehen sich 40.000 Regierungssoldaten und 30.000 Rebellen gegenüber. Sollte sich eine Schlacht um die zwischen beiden Seiten geteilte Stadt Daraa entwickeln, warnte am Mittwoch der UN-Syrien-Beauftragte Staffan de Mistura vor dem UN-Sicherheitsrat in New York, wäre das „wie Ost-Ghouta und Aleppo zusammen“.

Jordanien und Israel nicht zugänglich für Schutzsuchende

Nach UN-Angaben sind von den 750.000 Bewohnern der Rebellengebiete von Daraa bereits 50.000 auf der Flucht. Wohin sie fliehen sollen, ist unklar, denn Jordanien hält seine Grenze geschlossen, und die israelisch besetzten Golanhöhen sind für syrische Zivilisten nicht zugänglich.

Grafik: taz grafik

Es gibt bereits Berichte über Flüchtlinge an den Absperrungen zur UN-Pufferzone zwischen den israelischen und syrischen Hoheitsgebieten. Eine Massenflucht syrischer Rebellen in Gebiete, die sich das Assad-Regime wegen der Nähe Israels nicht zu bombardieren traut, könnte zu einem heiklen politischen Dilemma werden, warnt die Jerusalem Post.

Es scheint niemandem in den Sinn zu kommen, etwas zu tun, damit es gar nicht so weit kommt und damit der nominelle Status Daraas als von Russland und den USA garantierte „Deeskalationszone“, die Assads Militär nicht antastet, erhalten bleibt. US-Warnungen, Zivilisten in Daraa nicht anzugreifen, sind wirkungs- und folgenlos geblieben.

Für die USA und Israel steht allein im Vordergrund, ob Irans Militär, das Syriens Regime maßgeblich unterstützt, mittels einer Offensive in Daraa noch näher an Israel heranrückt. Beobachtern zufolge hat Russland zugesichert, dass Iran in Daraa keine Rolle spielen soll.

Für Assad wäre Daraa ein wichtiger symbolischer Sieg. In Daraa hatten im März 2011, nach den Revolutionen in Tunesien und Ägypten, die ersten Proteste gegen die syrische Diktatur begonnen, deren brutale Niederschlagung durch das Regime später in den Bürgerkrieg führte.

Schon vor Monaten war auf Assad-treuen sozialen Medien zu lesen gewesen, der Krieg habe in Daraa begonnen und er werde auch dort enden. Zuletzt kursierte ein in einem syrischen Hubschrauber aufgenommenes Foto, auf dem jemand einen Zettel in die Kamera hält mit der Aufschrift: „In Daraa hat die Krise begonnen, dort werden wir sie begraben.“

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