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Grünen-Politikerin über RundfunkbeitragInnovativ oder fatal?

Einige Bundesländer wollen den Rundfunkbeitrag an die Inflation koppeln. Tabea Rößner, Medienexpertin der Grünen, findet den Vorschlag falsch.

Wer entscheidet über die Höhe des Rundfunkbeitrags? Eine Kommission? Oder eine Rechenformel? Foto: dpa

Berlin taz | Soll der Rundfunkbeitrag künftig an die Inflation gekoppelt ansteigen? Die medienpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Tabea Rößner, sieht in diesem Vorschlag aus der Rundfunkkommission der Länder ein Ablenkungsmanöver. Anstatt die Diskussion über die Zukunft des Rundfunks politisch zu führen, drückten sich die Länder. „Die Länder scheuen die Debatte über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und geben damit ihre Verantwortung ab“, sagte Rößner der taz.

Sechs Bundesländer, darunter auch das grün regierte Baden-Württemberg, wollen den Rundfunkbeitrag zusammen mit der Teuerungsrate ansteigen lassen. Einen entsprechenden Vorschlag haben sie zur Sitzung der Rundfunkkomission am Mittwoch in Berlin eingereicht. Den Vorschlag reichten zusammen mit Baden-Württemberg noch Bayern, Schleswig-Holstein, Hamburg, Thüringen und Sachsen ein.

Würde der Vorschlag angenommen, hätten die Sendeanstalten zudem ein festes Budget über das sie frei verfügen könnten. Nach taz-Informationen soll demnach alle zwei Jahre der Beitrag gemessen an der Inflation steigen. Bisher empfiehlt die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (Kef) alle vier Jahre die Höhe des Beitrags, anschließend entscheiden die Länder einstimmig. Die Kef als politische Kontrollinstanz würde bei einer Kopplung an die Inflation aber wegfallen. Darin sieht Rößner ein Problem. „Die Frage lautet: Was für einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk wollen wir als Gesellschaft. Und: Muss die Politik dafür nicht auch Leitplanken aufstellen?“

Rößner befürchtet, dass ein System, bei dem alle Sendeanstalten frei über ihr eigenes Budget verfügen, innovationsfeindlich wäre. „Nehmen wir ein Format wie Funk, um jüngere Zuschauer zu gewinnen. Nehmen wir an, wir hätten das Indexierungsmodell, dann wäre schwierig für die Öffentlich-Rechtlichen ein solches Programm zur Verfügung zu stellen. Sie müssten dann möglicherweise andere wichtige Angebote einstellen.“ Ein solches System würde weniger flexibel auf gesellschaftliche Veränderungen reagieren, sorgt sich die Grünen-Politikerin.

Jede Sendeanstalt sieht letztlich nur sich selbst

Tabea Rößner, medienpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag

Rößner hält es für unerlässlich, dass es weiterhin eine politische Instanz braucht, die darüber wacht, ob die Sender ihren gesellschaftlichen Auftrag erfüllen. „Jede Sendeanstalt sieht letztlich nur sich selbst. Da schauen Leute von außen anders auf das System und können Vorschläge unterbreiten.“ Die Länder aber wollten diese Diskussion nicht führen.

Am Mittwoch und Donnerstag beraten die Ministerpräsident*innen über den Vorschlag der Sechsergruppe. Rheinland-Pfalz, das Bundesland, das traditionell der Kommission vorsitzt, hat mittlerweile einen Gegenvorschlag erarbeitet, der vorsieht, die KEF wie bisher zu erhalten.

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5 Kommentare

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  • Eine Kopplung an den Preisindex würde den Rundfunkanstalten auf Jahre die Pfründe sichern, egal wie fut oder schlecht das Programm ist oder wird. Wollen wir das?

    Ich würde gerne entscheiden, für was ich bezahle. Das kann ich derzeit bei den ÖR nicht. Entsprechend schlecht empfinde ich das Programm und nutze es deshalb nicht.

    Ich würde dieses Geld lieber anderen Medien geben. Die taz würde u.a. davon profitieren.

  • Liebe Frau Abgeordnete Rößner, die Parlamentarier sind in den letzten 25 Jahren nicht durch Innovations- oder Deabttenfreudigkeit zur Medienpolitik aufgefallen. Sie degenerierte auch unter Grüner Mitgregierung zur reinen Standortpolitik. Auch die Grünen schickten und schicken "verdiente Funktionäre" in die Kontrollorgane der Rundfunkanstalten - unabhängig von ihrer medienpolitischen Kompetenz.

    Wenn jemand das Rundfunksystem vor kommerzieller Verödung geschützt hat, dann war es das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Die KEF als 'politische Kontrollinstanz' der Rundfunkanstalten zu reklamieren, wie Sie es tun, ist medienpolitisch beängstigend. Die Kommission soll den Finanzbedarf prüfen, nicht die Inhalte oder den Programmauftrag.

    Dass die Hierarchen in den Rundfunkanstalten strukturkonservativ sind, liegt nicht zuletzt an den Spitzenkräften - die allüberall unter massivem politischen Einfluss - auch von Grünen - auf ihre Posten kamen und kommen. Großen Protest daggen von Grünen habe ich seit Jahren nicht gehört, aus der Debatte um die Medienpolitik hat sich die Partei sein den 1990ern längst verabschiedet - Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen Werfen, Frau Bundestagsabgeordnete!

  • Was soll denn an einer kontinuierlichen Erhöhung der Zwangsabgabe innovativ sein?

    Innovation würde darin bestehen, daß die BürgerInnen ein Mitspracherecht bzw. eine gewisse Entscheidungsfreiheit bekommen würden.

    • @Ni.Na:

      Genau, einfach den Markt machen lassen. Der sorgt für die Wahl zwischen Dash und Persil - Raider oder Twix . wenn ihnen das reicht - mir nicht!

  • Hat das Ö-R Fernsehen überhaupt noch eine Daseinsberechtigung? Das der Bürger dazu zwangsverpflichtet wird, ist auf jeden Fall ein Unding. Deshalb weg damit. Genauso wie das werbefinanzierte Fernsehen (Doof-TV). In Zeiten von Klima- und Umweltveränderungen ist Werbung das Letzte was wir gebrauchen können. Auch weg damit. Das eine Grüne hier keinen Handlungsbedarf sieht, ist mehr als verwunderlich. Ist doch die Einführung des Free-TV eine der größten Fehleistungen der Politik der letzten 70 Jahre gewesen. Beides muss zusammen infrage gestellt werden Frau Rößner. Schade, dass sie noch nicht so weit sind.

    Was wir brauchen, ist ein reines Bezahlfernsehen, welches dem mündigen Bürger gerecht wird. Für die Werbung muss eine eigene Lösung her. Wenn ihnen da nichts einfällt, wenden sie sich vertrauensvoll an mich. Ich habe da sehr gute Vorschläge und sie die Chance, eine Grüne zu werden, die auf der Höhe der Zeit ist.