Nach massiven Kampagnen: Soros-Stiftung verlässt Ungarn

Wegen zunehmenden politischen Drucks zieht sich die Open Society Foundation von George Soros aus Ungarn zurück. Das Büro wird nach Berlin verlegt.

Die Fassade eines Hochhauses von unten fotografiert

Das Büro der Open Society Foundation in Budapest Foto: reuters

WIEN taz | Die Open Society Foundation (OSF) des US-Milliardärs George Soros zieht sich aus Ungarn zurück, das teilte die Stiftung in der Nacht auf Dienstag in New York mit. Der Schritt erfolge wegen des „immer repressiveren politischen und rechtlichen Umfelds in Ungarn“. Das Büro, so heißt es, werde samt Mitarbeitern nach Berlin übersiedeln. Allerdings werde die OSF weiterhin NGOs in Ungarn unterstützen. Bereits im April hatte es entsprechende Berichte gegeben.

Die im Jahr 1984 gegründete Stiftung will Meinungs- und Gedankenfreiheit fördern. Sie spielte eine wichtige Rolle bei der Verbreitung liberalen Gedankenguts in Europas Osten vor und nach dem Fall des Eisernen Vorhangs.

Das Gesicht des 87-jährigen Finanzjongleurs Soros ist jedem Ungarn bekannt. Im Wahlkampf vor den Parlamentswahlen vom 8. April war es landesweit plakatiert worden. Die Regierungspartei Fidesz stellte Soros als sinistren Strippenzieher hinter den vier größten Oppositionsparteien dar. Ein Vorwurf, der keinerlei Bezug zur Wirklichkeit hat. Premier Viktor Orbán, selbst einst ein OSF-Stipendiat, wirft dem in Budapest geborenen Holocaust-Überlebenden vor, Europa mit Flüchtlingen und Zuwanderern überfluten zu wollen.

„Es ist unmöglich, die Sicherheit unserer Operationen und Mitarbeiter in Ungarn vor willkürlicher Einmischung der Regierung zu gewährleisten“, begründete OSF-Präsident Patrick Gaspard den Rückzug. Die Entscheidung erfolge angesichts der Pläne der nationalkonservativen Regierung, ein als „Stop Soros“ bekanntes Gesetzespaket zu beschließen.

Strafsteuer für NGOs

Im Parlament wird ein Gesetz diskutiert, das Organisationen, die sich um Flüchtlinge kümmern, mit einer 25-prozentigen Strafsteuer belegen soll, wenn sie aus dem Ausland unterstützt werden. NGOs, die Gelder von der OSF bekommen, würden als „ausländische Agenten“ gebrandmarkt. Das betrifft etwa die Anti-Korruptions-Organisation Transparency International und die Menschenrechtsorganisation Helsinki Committee. Ausländische Mitarbeiter solcher Organisationen sollen auf Anordnung des Innenministers ohne Gerichtsurteil aus Ungarn verbannt werden können.

Gaspard warf der ungarischen Regierung in dem Kommuniqué vor, sie habe in den vergangenen Jahren „mehr als hundert Millionen Euro an öffentlichen Geldern für eine Kampagne ausgegeben, um Lügen über die Stiftung und ihre Partner zu verbreiten“. Sie habe nicht nur „in für die Europäische Union beispielloser Weise“ die Arbeit der Stiftung „falsch dargestellt“, sondern auch „die Zivilgesellschaft unterdrückt, um damit politisch zu punkten“.

Die Übersiedelung nach Berlin werde „große Auswirkungen“ auf die etwa 100 Mitarbeiter von OSF in Budapest haben, heißt es in der Pressemitteilung.

Wenige Tage nach den Wahlen hatte die regierungsnahe Wochenzeitung Figyelö eine Liste von 200 „Soros-Söldnern“ veröffentlicht. Darunter mehrere Professoren der von Soros gegründeten Central European University (CEU) in Budapest. Sie soll durch ein eigens auf sie zugeschnittenes Universitätsgesetz aus dem Land gedrängt werden.

Die Übersiedelung der Open Society Foundation nach Berlin werde „große Auswirkungen“ auf die etwa 100 Mitarbeiter von OSF in Budapest haben, heißt es in der Pressemitteilung. Denn 60 Prozent seien ungarische Staatsbürger und zum Teil schon mehr als ein Jahrzehnt für die Organisation tätig.

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