EU-Kommission zu Schulden Italiens: Bitte weiter sparen
Die EU-Kommission sorgt sich um die italienischen Schulden. Lob gab es für Frankreich, Deutschland erhielt aus Brüssel einen Tadel.
Berlin müsse zudem mehr zum Ausbau des schnellen Breitband-Internets tun, heißt es in den Empfehlungen der Brüsseler Behörde. Im Rahmen des „Europäischen Semesters“ bewertet die EU-Kommission jedes Jahr die Wirtschafts- und Finanzpolitik der 28 Mitgliedsländer.
Diesmal gab es fast nur gute Nachrichten. Während 2011 noch 24 EU-Staaten wegen „exzessiver“ Haushaltsdefizite gerügt wurden, trifft es 2018 nur Spanien. Denn dort liegt die Neuverschuldung noch über den im Maastricht-Vertrag erlaubten 3 Prozent der Wirtschaftsleistung.
Demgegenüber hat Frankreich das Budgetdefizit unter diese Schwelle gedrückt. Brüssel will Paris deshalb aus dem sogenannten Defizitverfahren entlassen – zum ersten Mal seit neun Jahren. Staatschef Emmanuel Macron kann damit einen Erfolg verbuchen. Dieser hatte bei seiner Amtseinführung vor einem Jahr gelobt, den Stabilitätspakt für den Euro wieder einzuhalten. Er schaffte dies vor allem mit Kürzungen im Sozialbereich.
Damit hat die EU-Kommission jedoch keine Probleme, im Gegenteil. Sie fordert noch mehr Strukturreformen – auch in Deutschland. Nötig seien Zukunftsinvestitionen und ein investitionsfreundlicheres Steuersystem. Zudem soll Berlin die Steuerbelastung von Geringverdienern abbauen.
Die größten Sorgen macht man sich in Brüssel aber um Italien. Die neue Regierung in Rom müsse eine „glaubwürdige Antwort“ auf das Schuldenproblem finden, sagte Moscovici. Die Entwicklung der Verschuldung sei „eine wichtige Frage für die Zukunft Italiens“.
Nervosität an den Finanzmärkten
Der Mittelmeerstaat hat nach Griechenland den zweithöchsten Schuldenstand in der Eurozone. Die Gesamtverschuldung belief sich im vergangenen Jahr auf 131,8 Prozent der Wirtschaftsleistung. Allerdings wird ein Großteil der Staatsanleihen von italienischen Anlegern gehalten, die Rom (noch) vertrauen.
Zudem geht die EU-Kommission davon aus, dass die Schuldenlast in diesem Jahr auf 130,7 Prozent sinkt. Dabei setzt sie aber eine Fortsetzung der bisherigen Sparpolitik voraus. Dies ist jedoch unwahrscheinlich: Die neue rechte Regierungskoalition will jede Menge neue Schulden machen.
Die „Anti-System“-Parteien planen Steuersenkungen sowie massive neue Sozialausgaben sowie einen früheren Renteneintritt. Zudem haben sie angekündigt, sich über die EU-Regeln hinwegzusetzen. Die EU-Kommission wollte dies am Mittwoch nicht kommentieren. „Wir warten das Ende der Regierungsbildung ab“, sagte Moscovici.
An den Finanzmärkten macht sich dagegen bereits Nervosität bemerkbar. Am Mittwoch zogen die Renditen der zehnjährigen Staatsanleihen auf 2,45 Prozent und damit auf ein 14-Monats-Hoch an. Dadurch steigen auch die Kosten für eine Refinanzierung des italienischen Staates.
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