Der Fall Sergej Skripal: EU stellt sich hinter Großbritannien

Experten sollen den Stoff untersuchen, mit dem der russische Ex-Spion Skripal vergiftet wurde. Die EU-Außenminister unterstützen das britische Vorgehen.

Ein Mann spricht vor Mikrofonen

Vor dem Treffen in Brüssel: der britische Außenminister Boris Johnson Foto: ap

MOSKAU/LONDON/BRÜSSEL ap/dpa | Im Fall des Giftanschlags auf den Ex-Doppelagenten Sergej Skripal hat sich die EU geschlossen hinter Großbritannien gestellt, allerdings vorerst auf klare Anschuldigungen gegen Russland verzichtet. In einer am Montag bei einem Außenministertreffen in Brüssel verabschiedeten Erklärung heißt es lediglich, die EU nehme die Einschätzung Großbritanniens sehr ernst, dass höchstwahrscheinlich Russland für den Anschlag verantwortlich sei. Russland müsse unverzüglich alle Fragen zu dem Fall beantworten. Man unterstütze die Anstrengungen Großbritanniens, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Bei dem Treffen in Brüssel geht es außerdem um Syrien, Iran, den Korea-Konflikt und die Ukraine.

Vor dem Treffen hatte der britische Außenminister Boris Johnson am Sonntag verkündet, die Spur führe „unaufhaltsam zum Kreml“. Der britischen Regierung lägen „Beweise innerhalb der vergangenen zehn Jahre“ vor, dass Russland nicht nur die Überbringung von Nervenkampfstoffen zum Zweck von Mordanschlägen geprüft habe, sondern auch, dass es Nowitschok geschaffen und gelagert habe, sagte Johnson der BBC.

Nach der Unterrichtung der EU-Außenminister wolle Johnson anschließend Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Montag treffen. Vertreter der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) mit Sitz in Den Haag träfen am Montag in Großbritannien ein, um Proben des im Fall Skripal verwendeten Nervengifts zu nehmen. Unabhängige Tests dauerten voraussichtlich mindestens zwei Wochen, erklärte das Außenministerium.

Noch am Sonntag hatte der wiedergewählte russische Präsident Wladimir Putin hat sich zu einer Zusammenarbeit mit Großbritannien bei den Ermittlungen im Fall Skripal bereit erklärt. Die Anschuldigung der britischen Regierung, dass Russland an dessen Vergiftung beteiligt gewesen sei, bezeichnete Putin am Sonntag als Unsinn.

In seinen ersten öffentlichen Aussagen über den Vorfall bezeichnete Putin ihn als „Tragödie“. Wenn die britische Anschuldigung, dass sie mit dem in der Sowjetunion entwickelten Nervengift Nowitschok vergiftet worden seien, wahr sei, dann seien die Opfer sofort verstorben, sagte Putin. Es sei Unsinn, zu glauben, dass jemand in Russland kurz vor der am Sonntag abgehaltenen Präsidentenwahl und vor der für den Sommer dort geplanten Fußballwelt-meisterschaft solch eine Attacke verübt haben könnte, sagte Putin.

Der russische Botschafter in London, Alexander Jakowenko, mahnte in der Zeitung Mail on Sunday einen kühlen Kopf in der Affäre an. Der Streit eskaliere gefährlich und unverhältnismäßig, sagte er.

Zurückweisung der Zurückweisung

Der russische EU-Botschafter Wladimir Tschischow bekräftigte am Sonntag in der BBC, dass sein Land nichts mit dem Fall zu tun habe. Er verwies darauf, dass das verwendete Nervengift aus einem britischen Labor stammen könnte. Russland habe keine Bestände an Chemiewaffen und stecke auch nicht hinter dem Angriff auf die Skripals. Er wies darauf hin, dass die britische Chemiewaffenforschungseinrichtung Porton Down nur 13 Kilometer vom Tatort Salisbury entfernt liege.

Die direkte Verantwortung für die Tat wies er der Einrichtung aber nicht zu. Auf eine entsprechende Frage, ob Porton Down für den Angriff verantwortlich sei, antwortete er: „Ich weiß es nicht.“ Die britische Regierung wies Tschischows Andeutung als „Unsinn“ zurück.

Skripal und seine Tochter wurden vor knapp zwei Wochen in der südenglischen Kleinstadt Salisbury vergiftet. Sie überlebten, schweben aber beide nach wie vor in Lebensgefahr. Russland und Großbritannien wiesen jeweils 23 Diplomaten des anderen Landes aus und ergriffen weitere Strafmaßnahmen.

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