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Alte Wunden

Britta Ernst tritt in Hamburg seit Jahren nur noch als Ehefrau von Bürgermeister Olaf Scholz auf. Andernorts ist sie Ministerin

Von Kaija Kutter

Nein, ein Telefonat ist nicht möglich. Britta Ernst will nicht mit der Presse über den Umzug ihres Mannes sprechen. „Das hält sie strickt getrennt“, so ein Sprecher des brandenburgischen Bildungsministeriums in Potsdam. Dort, in diesem Vorort mit S-Bahn-Anbindung nach Berlin, wo ihr Mann Finanzminister wird, ist sie Chefin seit September. Gott sei Dank, schreiben die Politikberichterstatter. Denn die SPD-Frau gilt als eine der „besten Bildungspolitikerinnen des Landes“.

Die Erzählung geht so: 2011, als die SPD in Hamburg die Macht übernahm, hätte Ernst Schulsenatorin werden müssen und durfte es nur nicht wegen der politischen Hygiene, weil ihr Mann Olaf ja schon Senatschef wurde. Sie äußerte ihr Bedauern in einer „persönlichen Erklärung“, fand das ungerecht, liest man.

Seither gibt es vom Ehepaar viele Fotos, Hand in Hand spazierend oder auf Festen wie dem Matthiae-Mahl. Sie im Abendkleid, er im Frack. Von Ernst, die früher als Abgeordnete viel und schnell sprach, hört man in Hamburg nichts. Sie schweigt.

Die Bescheidene nahm zunächst einem Job in Berlin an, bevor sie im Herbst 2014 Bildungsministerin in Kiel wurde. Dort, so lobte ein Politik-Korrespondent, habe sie das Politikfeld im Nu befriedet, man las nichts mehr über Bildung in den Zeitungen, ideologische Debatten seien „nicht so ihr Ding“. Allerdings verhinderte Ernst auch nicht, dass Rot-Grün in Kiel 2017 abgewählt wurde, weil die CDU mit „Turbo-Abi-abschaffen“ einen Wahlkampf-Hit landete. Das Thema hatte Ernst unterschätzt.

„Ich bin wehmütig“ bekannte sie im Sommer dem Hamburger Abendblatt und ließ sich vor der Alster als „Politikerin im Wartestand“ fotografieren. Jetzt sprach sie. Den Abschied aus Kiel habe sie nicht verdaut, die Mitarbeiter dort, mit denen sie mehr Zeit verbrachte als mit dem Partner, „sehr gemocht“.

Vier Wochen später räumte in Brandenburg Günther Baaske seinen Ministersessel. Nun will Ernst dort für Digitalisierung an Schulen und kostenfreie Kitas sorgen. Sie trat in einen lokalen SPD-Ortsverein ein, jede Woche besucht sie eine Schule oder zwei.

Ernst wirkt unverbraucht, dabei hat die studierte Sozialökonomin hat auch in ihrer Heimatstadt eine Geschichte. Der Höhepunkt war eine Rede auf dem Rathausmarkt im April 2009, mit der sie eine Demo der Anti-Primarschulbewegung um Walter Scheuerl unterstützte. Sie positionierte sich auch gegen eine Schule für alle und setzte mit CDU-Politiker Robert Heinemann 2007 das Zwei-Säulen-Modell aus Stadtteilschule und Gymnasium durch.

Rückblickend war die Phase von 2008 bis 2010, als CDU und Grüne unter Christa Goetsch die Schulpolitik verantworteten, eine historische Chance, die Aufteilung der Kinder nach Klasse vier zu beenden und längeres gemeinsames Lernen zu ermöglichen. Sie wurde vertan. Die damalige SPD-Führung hatte ein taktisches Interesse an der Destabilisierung von Schwarz-Grün. Da bot sich der Schulterschluss mit der Gymnasialklientel an.

Einige Schulpolitikerinnen, darunter die heutige Cofraktionschefin der Linken, Sabine Boeddinghaus, verließen damals entnervt die „Arbeitsgemeinschaft für Bildung“ (AfB) der SPD. Deren Terminkalender ist laut Homepage ziemlich leer. „Seit Scholz die Partei übernahm, traut sich keiner mehr zu mucken“, sagt Boeddinghaus.

Man hört, Scholz regiere heute noch in kleinste Details der Schulpolitik hinein. Und mit ihm vielleicht seine Frau. Wie schreibt die Zeit? „Sie sind ein Zwei-Personen-Thinktank. Sie beraten einander in politischen Fragen.“

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