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Alles neu bei den deutschen Energieriesen

RWE und Eon teilen ihre Geschäftsfelder neu auf:Der eine übernimmt die Erneuerbaren, der andere vor allem die Netze. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum geplanten Mega-Deal der deutschen Energiebranche

Von Bernward Janzing

Die beiden größten deutschen Stromkonzerne wollen sich neu sortieren: Wie Eon und RWE am Montag jeweils in Börsenmitteilungen ausführten, will RWE von Eon das Geschäft mit den erneuerbaren Energien übernehmen, Eon konzentriert sich unterdessen auf Energienetze und Energiedienstleistungen. Angelpunkt des weitreichenden Tauschs von Geschäftsaktivitäten ist die heutige RWE-Tochter Innogy mit ihren erneuerbaren Energien und Verteilnetzen.

Im ersten Schritt eines mehrstufigen Verfahrens plant Eon, von RWE die 76,8-Prozent-Beteiligung an Innogy zu übernehmen. RWE soll dafür einen Anteil in Höhe von 16,7 Prozent an der Eon SE erhalten. Das bisherige Geschäft mit den Erneuerbaren beider Konzerne wird dann unter dem Dach von RWE vereint. Der verbleibende Rest von Innogy soll komplett in den Eon-Konzern integriert werden, was Eon etwa eine Verdoppelung des Verteilnetzes bringt. Die Eon-Tochter PreussenElektra soll ihre Minderheitsbeteiligungen an den von RWE betriebenen Atomkraftwerken Emsland und Gundremmingen übertragen. So soll vor allem eine Arrondierung der Geschäftsfelder beider Konzerne stattfinden. Die gesamte Transaktion steht freilich unter dem Vorbehalt einer kartellrechtlichen Freigabe.

Was bedeutet der Planfür die Stromkunden?

Aus dieser Sicht findet Udo Sieverding von der Verbraucherzentrale NRW die Neuaufteilung der Geschäftsfelder unkritisch. „Der Wettbewerb auf dem Endkundenmarkt funktioniert“, sagt der Verbraucherschützer. Kunden könnten an ihrem Wohnort in der Regel aus 150 Anbietern ihren Versorger auswählen, da könne im Vertrieb keine übertriebene Marktmacht entstehen.

Wilfried Gillrath, Geschäftsführer des Ökostrom-Anbieters Lichtblick, sieht das anders: Durch den Verkauf von Innogy an Eon entstehe ein „Megakonzern mit großer Marktmacht“. Der Vorschlag des Hamburger Unternehmens ist freilich durchschaubar: „Eine mögliche Lösung wäre der Verkauf von Kundestämmen großer Tochtergesellschaften wie Eprimo und ‚E wie Einfach‘ an andere Wettbewerber.“ Eprimo ist als Tochterunternehmen von Innogy die Vertriebssparte von RWE, „E wie Einfach“ ist die Vertriebsfirma von Eon.

Energiepolitiker Oliver Krischer, Fraktionsvize der Grünen im Bundestag, rät mit Blick auf Eon zur Wachsamkeit: „Was 18 Millionen Kunden bei nur einem Unternehmen, das auch noch einen Großteil der Verteilnetze besitzt, für den Wettbewerb im Strombereich bedeutet muss, muss man sich sehr genau ansehen.“

Was heißt die neue Struktur für die Bundesnetzagentur?

Beobachten muss man die ­Entwicklungen im Netzbereich, wenn das Geschäft, wie von den beiden Konzernen geplant, ­zustande kommt. Denn der Bundesnetz­agentur als ­Aufsichtsbehörde steht künftig ein riesiger Verteilnetz­betreiber gegenüber, der versuchen wird, in diesem stark politisch ge­prägten Geschäft seinen Einfluss geltend zu machen.

Was heißt das für den Markt der Stromerzeugung?

Durch die Energiewende hat die Zahl der Stromerzeuger in Deutschland erheblich zugenommen; durch Private und durch mehr Eigenerzeugung von Stadtwerken und Unternehmen haben die einstigen vier Großen deutlich an Marktmacht eingebüßt.

Auch der Wettbewerb durch internationale Mitbewerber ist stärker geworden. „Im Erzeugungsmarkt ist ausreichend Dynamik, da gibt es heute genug große Akteure“, sagt Verbraucherschützer Sieverding. Der Grüne Krischer kritisiert unterdessen: „Die Konzerne versuchen das, was sie aus Monopolzeiten können – Marktbeherrschung durch Marktaufteilung.“ Sie lieferten damit das Eingeständnis für „das Scheitern ihrer bisherigen Versuche zur Neuaufstellung für die erneuerbare Energiewelt“.

Was bedeuten die Plänefür die Energiewende?

Eher wenig. Durch die Vielzahl der Akteure in diesem Sektor hängt die Energiewende längst nicht mehr an den einstigen Monopolisten. „Wir sehen die Neuaufstellung der beiden Energiekonzerne neutral, das ist eine unternehmerische Entscheidung“, heißt es daher beim Bundesverband Windenergie.

Entscheidend für die Energiewende seien ganz andere Faktoren. Vor allem seien das die Ausschreibungsverfahren, in denen Kontingente für den Neubau von Ökostromerzeugern zugeteilt werden, sowie die Frage, wie die neue Bundesregierung mit der Kohleverstromung umgeht.

Wie sieht die Anti-Atom-Bewegung den Plan?

„Mir wird alleine schon davon ganz schlecht, wenn ich mir vorstelle, was die gigantische Werbekampagne verschlungen hat, um den Markennamen Innogy bekannt zu machen, der jetzt aller Voraussicht nach sang- und klanglos wieder verschwinden wird“, sagt Jochen Stay, Sprecher der Organisation Ausgestrahlt. Dieses Geld hätte man besser im Atommüll-Fonds angelegt, der für die Endlagerung zuständig ist.

Vor zwei Jahren, als es um die Finanzierung der Folgekosten der Atomkraft ging, habe es immer geheißen, RWE könne nur begrenzt haften, da der Konzern sonst pleitegehen würde. „Damals haben wir der Atomfinanz-Kommission vorgeschlagen, Teile von RWE an andere Energieversorger zu verkaufen, um mehr Geld für die Atommüll-Lagerung bereithalten zu können“, sagt Stay. Das sei aber „als nicht durchführbar abgelehnt“ worden.

Was bedeutet die Neuorganisation für die Aktionäre?

Die Börse zeigte sich am Montag hocherfreut. Die Aktie von Eon lag zeitweise mehr als 5 Prozent im Plus, noch besser lief es für RWE, deren Aktie zeitweise mehr als 8 Prozent höher lag als am Freitag. Die kommunalen Aktionäre, die bei RWE traditionell eine wichtige Rolle spielen haben am Montag laut Handelsblatt Zustimmung zu dem neuen Konstrukt signalisiert. Der Chef des Dortmunder Stadtwerke-Konzerns DSW21, dem größten und einflussreichsten Aktionär unter den Kommunen, hatte zuvor allerdings Skepsis geäußert – ein uneinheitliches Bild also.

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