: Mehr als nur ein Feind in Syrien
Nachdem die syrische Luftabwehr am Samstag einen israelischen F17-Kampfjet beschossen hat, wächst in Jerusalem die Sorge vor weiteren Provokationen. Regierungschef Netanjahu droht mit Vergeltung
Aus Jerusalem Susanne Knaul
Regierungschef Benjamin Netanjahu signalisiert Selbstvertrauen. Die Angriffe der israelischen Luftwaffe auf Ziele in Syrien hätten „den iranischen und syrischen Truppen einen schweren Schlag versetzt“, meinte der israelische Ministerpräsident gestern zu Beginn der wöchentlichen Regierungssitzung. Gut ein Dutzend Angriffe waren die Piloten am Vortag geflogen. Dabei wurden, Berichten einer syrischen Menschenrechtsorganisation zufolge, sechs Menschen getötet, darunter offenbar auch iranische Kämpfer.
Zuvor hatte die syrische Luftabwehr einen israelischen F17-Kampfjet beschossen, der im Norden Israels abstürzte. Die Piloten konnten sich durch den Absprung mit Fallschirmen retten. Auslöser des seit Jahrzehnten schwersten Schlagabtauschs zwischen Israel und Syrien war eine iranische Drohne, die am Wochenende in israelisches Gebiet eindrang. Die Armee ließ Raketenabwehrsysteme stationieren für den Fall, dass der Konflikt eskalieren sollte. In den Ortschaften im Norden des Landes galt nach dem Luftalarm am Vortag gestern Entwarnung.
Seit Beginn des syrischen Bürgerkrieges blieb die Regierung in Jerusalem ihrer Ankündigung treu, sie wolle sich nicht in die Kämpfe einmischen. Einzig Waffentransporte, die durch Syrien an die libanesisch-schiitische Terrororganisation Hisbollah geleitet werden sollten, werde man aufhalten. Israelische Kampfjets griffen über die vergangenen Jahre wiederholt solche Transporte an, ohne dass es zu ernsthaften Vergeltungsmaßnahmen von syrischer Seite kam. „Die Regeln haben sich nicht verändert“, verkündete Netanjahu am Sonntag.
In Jerusalem wächst die Sorge, dass sich Tausende schiitische Kämpfer aus dem Iran, aus Pakistan und Afghanistan dauerhaft in Syrien niederlassen und von dort aus jederzeit neue Provokationen gegen den Judenstaat lancieren könnten. Geplant ist offenbar die Errichtung einer Rüstungsfabrik sowie Luft- und Marinebasen. Syrien wäre damit die dritte Front, an der die Regierung Teheran ihre Kämpfer und Handlanger postiert. Die libanesische Hisbollah bezieht seit ihrer Gründung in den frühen 80er Jahren Geld und Waffen aus Teheran und schickt ihre Kämpfer zur Ausbildung in den Iran. Über lange Jahre unterstützte die Regierung in Teheran auch die islamistische Palästinenserbewegung Hamas im Gazastreifen, bis der Bürgerkrieg die Palästinenser auf Abstand zum syrischen Regime gingen ließ.
Ronen Manelis, Armeesprecher Israels
„Der Iran bringt die gesamte Region in Gefahr“, kommentierte Israels Armeesprecher Ronen Manelis das Eindringen der iranischen Drohne. Mehrere Stunden beriet am Samstag das Sicherheitskabinett über die nächsten Schritte. „Die Krake am Kopf treffen“, riet Bildungsminister Naftali Bennett, Chef der Siedlerpartei, und deutet damit auf einen Angriff direkt gegen die Iran. Die Bombardierungen der iranischen Stützpunkte in Syrien, so meinte Bennett im israelischen Hörfunk, seien nur „ein kleines Beispiel für das, was wir tun können“.
Vorläufig setzt Israel offenbar weiter auf ein punktuelles Vorgehen und auf diplomatische Anstrengungen. Erst vor zwei Wochen reiste Ministerpräsident Netanjahu erneut nach Moskau. Zentral auf seiner Agenda stand die wachsende militärische Präsenz des Iran in Syrien wie auch im Libanon. Russlands Präsident Wladimir Putin demonstriert Interesse an guten Beziehungen zu dem Israeli, gleichzeitig ist er der Führung in Teheran verpflichtet. Russland und Iran kämpften als Alliierte Seite an Seite mit den Truppen des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad gegen die syrischen Rebellen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen