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Volksinitiativen vor Gericht

Rot-grüne Koalition will die Verfassungsmäßigkeit der Kita-Initiative überprüfen lassen

„Wir können das Geld nicht herbeizaubern“

Andreas Dressel, SPD

Von Sven-Michael Veit

Das Hamburger Verfassungsgericht wird über die Grenzen der direkten Demokratie im Stadtstaat urteilen müssen. Die Fraktionschefs von SPD und Grünen in der Bürgerschaft, Andreas Dressel und Anjes Tjarks, bekräftigten am Mittwoch bei einem Pressegespräch ihre Absicht, die Zulässigkeit der Volksinitiative „Mehr Hände für Hamburgs Kitas“ auf ihre Vereinbarkeit mit der Landesverfassung überprüfen zu lassen. Grund sind die hohen Kosten von bis zu 350 Millionen Euro bei der Umsetzung der Volksinitiative.

„Wir können das Geld nicht herbeizaubern“, sagt Dressel. Es könne nicht angehen, dass Volksinitiativen nach Herzenslust „bestellen, was sie gerne wollen“, und die Politik müsse irgendwie das Geld dafür herbeischaffen. Deshalb müsse das Verfassungsgericht den sogenannten „Haushaltsvorbehalt“ der Bürgerschaft präzisieren, Initiativen müssten verpflichtet werden, realistische Finanzierungsvorschläge vorzulegen.

Die Initiative, die zurzeit Unterschriften für ihr Begehren sammelt, will das Personal in Kitas um 25 Prozent aufstocken. Zur Finanzierung der Personalkosten verweist sie auf höhere Zuschüsse des Bundes. Die gibt es aber derzeit nicht, Dressel und Tjarks haben auch keine Hoffnung, dass es sie geben werde. Bei einer Finanzhilfe von 350 Millionen Euro pro Jahr für Hamburg müsste der Bund ein Kita-Programm von 14 Milliarden Euro auflegen, weil andere Bundesländer dann auch die Hand aufhalten würden: „Das ist unrealistisch“, finden die beiden Fraktionschefs.

Ab 2019 gelte überdies die Schuldenbremse in der Verfassung. Wer also an einer Stelle mehr Geld ausgeben wolle, müsse auch sagen, wo es herkommen und gegebenenfalls gekürzt werden soll. Dieser unangenehmen Aufgabe müssten sich auch Volksinitiativen stellen, finden Dressel und Tjarks.

Der Verein „Mehr Demokratie“ kritisiert das als „Rückwärtsgang“ für die Volksgesetzgebung und eine „Missachtung des Bürgerwillens“. Dressel und Tjarks versichern hingegen, die Volksgesetzgebung nicht antasten zu wollen. Rechtlich indes ist der Senat verpflichtet, Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit einer Volksinitiative gerichtlich klären zu lassen. Wenn die Kita-Initiative nicht einlenke, so Dressel und Tjarks, „wird das unvermeidlich sein“.

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