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Stefan Alberti Von Dragonern und Husaren

Margaretha Sudhof ist nicht gerade das, was man eine nüchterne Bürokratin nennt. Die Finanz-Staatssekretärin lässt im Abgeordnetenhaus schon mal eine ironische Bemerkung fallen und kann auch Journalisten gegenüber genervt reagieren, wenn die nicht begreifen wollen, was aus Sudhofs Sicht doch ganz klar ist. Darum kann es den CDU-Politiker Stefan Evers nicht überraschen, in welcher Form sie ihm jetzt schrieb.

Evers hatte sich in einer Anfrage an den Senat nach einer der meistdiskutierten Kreuzberger Immobilien erkundigt: wie denn der Ablauf beim Dragonerareal einzuordnen sei – als „geordnetes Verfahren oder Berliner Husarenstück“?

Der CDUler war offensichtlich inspiriert von der für das Areal namensgebenden Militäreinheit, den wie die Husaren berittenen Dragonern. Da wollte wohl auch Sudhof zeigen, dass sie Ahnung von Geschichte hat. In ihrer Antwort klärt sie erst mal – auf einer ganzen Seite – darüber auf, worum es bei dem Husarenstück ging: Ein österreichisches Regiment jener Reiter samt weiterer Soldaten erpresste sich nämlich 1757 von der Stadt Berlin 200.000 Taler als „Brandsteuer“. Ihr Befehlshaber täuschte dabei vor, dass er weit mehr Soldaten dabeihatte, was die Berliner schneller auf seine Forderung eingehen ließ. Sobald sie das Geld hatten, rückten die Husaren schnell ab, bevor Hilfe Berlin erreichte.

Sudhof pflichtet dem CDU-Mann Evers durchaus in der Einschätzung bei, dass es gewisse Parallelen gebe zwischen den Husaren und jener österreichischen Gesellschaft, die per Vertrag von Anfang 2015 neue Eigentümerin des Dragonerareals werden wollte: „Die Gesellschafterstruktur legt nahe, dass ein zügiger Rückzug und das erwirtschaften eines großen Geldbetrags – weit über dem Gegenwert von 200.00 Talern – geplant war“, formuliert Sudhoff in ihrer Antwort.

Damit aber ende die von Evers unterstellte Parallele zum 18. Jahrhundert. Denn es soll sehr wohl ein geordnetes Verfahren und nicht etwa ein Husarenstück geben. Nachdem der Finanzausschuss des Bundesrats den Verkauf stoppte, sei nun vorgesehen, „das Grundstück ins öffentliche Eigentum Berlin zu überführen“. Bis zu 800 Wohnungen mit preiswerten Mieten sollen dort entstehen.

Entschieden wendet sich die Staatssekretärin gegen die Annahme, in einem internen Vermerk der Senatsverwaltung sei als Ziel formuliert, „den Privatinvestor auszuschalten“. Das wäre ja auch quasi Husarenart gewesen. Und so weit soll die Parallele dann ja doch nicht gehen.

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