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Sipri-Bericht zur RüstungsindustrieDeutsche Waffenindustrie sahnt ab

Das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri legt seinen Jahresbericht vor. Weltweit steigern die Rüstungskonzerne wieder ihre Umsätze.

In Deutschland machte Panzerhersteller Rheinmetall gute Geschäfte Foto: dpa

Stockholm taz | Russland plus 3,8, die USA plus vier und Deutschland plus 6,8 Prozent: Deutsche Waffenschmieden sind Spitze im Boomindex der Rüstungskonzerne. Sie haben ihre Umsätze von 2015 auf 2016 erneut gesteigert und übertreffen damit das Plus von 2014 auf 2015 um 0,2 Prozent.

Die Zahlen stammen aus dem diesjährigen Bericht über die „Top 100 Rüstungskonzerne“, die das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri am Montag veröffentlicht. Sipri konstatiert, dass es nach fünf Jahren stagnierender und fallender Verkaufszahlen weltweit wieder bergauf geht für die Branche: Mit plus 1,9 Prozent auf 374,8 Milliarden Dollar. Seit 2002 hat das Institut – inflationsbereinigt und ohne China, das aufgrund ungenügender Fakten ausgeklammert wurde – eine Steigerung um 38 Prozent errechnet.

Der Westen hat mit einem Anteil von 82,4 Prozent die Nase vorne. Die US-Konzerne stehen mit 57,9 Prozent und 217 Milliarden Dollar für weit mehr als die Hälfte aller Verkäufe. Allein auf die beiden größten Rüstungskonzerne, Lockheed-Martin und Boeing, entfällt davon mit 70 Milliarden rund ein Drittel. Die zehn größten russischen Waffenfirmen bringen es zusammen auf 26,6 Milliarden Dollar.

Mit 91,6 Milliarden Dollar kommen die westeuropäischen Konzerne auf etwa die gleichen Umsätze wie vor einem Jahr. Frankreich und Italien liegen im Minus, neben Deutschland auch Großbritannien im Plus. Der Brexit scheine keine negativen Auswirkungen auf die Geschäfte der britischen Rüstungsindustrie zu haben, kommentiert der Sipri-Forscher Pieter Wezeman. In der deutschen Bilanz hätten vor allem die guten Geschäfte von Krauss-Maffei Wegmann und Rheinmetall – jeweils rund 13 Prozent Umsatzsteigerung – zu Buche geschlagen. Wezeman: „Beide Firmen haben von der steigenden Waffennachfrage in Europa, dem Mittleren Osten und Südostasien profitiert.“

Spannungen gut für Südkorea

Die in Südostasien wachsenden Spannungen haben auch den Rüstungsproduzenten in Südkorea zu einem Umsatzplus von über 20 Prozent verholfen. „Anhaltende und steigende Bedrohungswahrnehmungen treiben Südkoreas Akquisitionen vonMilitärausrüstung nach oben, wobei sich das Land zur Waffenversorgung zunehmend der eigenen Industrie bedient“, sagt der Sipri-Rüstungsanalytiker Siemon Wezeman.

Die Aussichten? Hat sich die Zuwachsrate in Russland wesentlich verlangsamt, wofür Wezeman hauptsächlich die „2016 wirtschaftlichen Probleme Russlands“ verantwortlich macht, können die Rüstungskonzerne in Westeuropa und den USA mit weiteren Boomjahren rechnen.

In den kommenden Jahren würden die Einkäufe von Militärmaterial um 25 Prozent wachsen, schätzt Håkan Buskhe, Chef des schwedischen Waffenkonzerns Saab AB. Angetrieben werde diese Entwicklung vor allem von der Zielsetzung der Nato-Mitglieder bis spätestens 2024 zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Verteidigungsaufgaben ausgeben zu wollen.

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9 Kommentare

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  • "Für die imperialistischen Bourgeoisien der Großmächte ist es zuzeiten notwendig, Absatzgebiete in Schlachtfelder zu verwandeln, damit aus diesen wieder Absatzgebiete werden"

    (Karl Kraus)

  • Wir im sog. Westen, erfahren doch auch nur, was wir erfahren sollen, oder anders gesagt wir erfahren nur die Spitze vom Eisberg"

     

    Jedenfalls, hat weder Russland, noch China, Kuba, Iran usw. alle sog. "Schurkenstaaten" lt. Westen, je in seiner Geschichte ein westliches Land überfallen, ganz im Gegensatz zum Westen.

     

    Der schon mit seinen gerade einmal 12% der Weltbevölkerung, alleine seit dem Ende des 2 WK. mehr als 40 illegale Kriege und Millionen Getöteten auf Grund von Lügen geführt hat und führt sie noch.

     

    Ganz zu schweigen vom westlichen illegalen Drohnen und Bomben Terror des Westens. Alleine während der Obama Administration wurden mehr als 21 Tsd. illegal Bomben abgeworfen, Obama aber bekam dafür den Friedensnobelpreis. Ab wie viele Bomben bekommt man den eigentlich im Westen?

     

    Ganz zu schweigen von den vielen illegalen verdeckten Einsätzen weltweit, durch private Söldnertruppen, oder der illegale Einsatz von Uran Munition, wie viele Tausende sind vor Ort deswegen mit Missbildungen zur Welt gekommen und kommen bis heute zur Welt? Leukämie und andere Krebserkrankungen kommen seit dem illegalen Einsatz vermehrt vor?

     

    Die Verantwortlichen müssen verhaftet, und in Den Haag als Kriegsverbrecher angeklagt werden. Statt dessen bekommen Verantwortliche im Westen

    "Friedensnobelpreise? Wie schrieb Jean Ziegler in seinem Buch sehr treffend: "DER WESTEN EIN IMPERIUM DER SCHANDE"

     

    Statt das täglich anzuprangern, wird über Waffenexporte im Westen diskutiert, als sein es "Spaßartikel"? Widerlich.

  • Ihr Mitarbeiter macht sich die Sache wirklich zu leicht!Wie hoch ist doch gleich der Umsatz der dt.Waffenschmiede im Referenzjahr?Ich kann die Zahl ( in Euro) nirgends finden!Seltsam!Meine,bei ARD etwas von 6(sechs) lausigen Milliarden gelesen zu haben!!Dafür aber bekommt man dann Prozentzahlen um die Ohren gehauen - richtig beeindruckend!Nur,je niedriger die realen Umsatzzahlen sind,desto beeindruckender und zweistellig werden die Zuwachsraten in Prozent.Oder,damit Ihr Journalist es auch kapiert:bei 6 Milliarden Umsatz,hat man mit 600 Millionen bereits saftige 10 Prozent Zuwachs!!Verstehen Sie jetzt,warum ich kein Geld mehr für Zeitungen ausgebe?

  • „Wer noch einmal eine Waffe in die Hand nimmt“, hatte Franz Josef Strauß 1949 gesagt, „dem soll die Hand abfallen.“

    Und mein werter Vater anno 1954 in der DDR: Wenn einer meiner Söhne zur Armee muß, dann gehen wir in die Schweiz.

     

    Unsere Schweiz wurde dann die BRD und mein Bruder und ich lernten in der Bundeswehr "wie man den Iwan kalt macht mit angeschärftem Klappspaten, wenn im Nahkampf die Munition ausgeht:"

     

    "Vorne unten rein, halbe Umdrehung!"

     

    Unser Oberbefehlshaber war ein Ex-Nazi-General, enger Vertrauter von Hitler. Ein Nachkomme von hugenottischen Glaubensflüchtlingen.

     

    Das mein Bellarmin, waren meine Tröster (Hölderlin).

  • Der Export basiert ja darauf, dass es in Europa kaum Kunden mehr gibt.

    Wenn du Panzer herstellt und das größte Land Europas seine 300 schon hat und keine mehr will, dann suchst du dir eben Kunden im Ausland.

    Das man die Unternehmen pleite gehen lässt, geht aber auch nicht, weil man dann abhängig wäre von den USA oder anderen beim Kauf.

     

    Sinnvoll wäre es, wenn man den Export stark einschränkt, aber gleichzeitig deutlich mehr für die Bundeswehr beschafft. Es würden weniger Waffen in bestimmten Gegenden auftauchen, die Unternehmen blieben erhalten und gleichzeitig wäre Europa unabhängiger von den USA.

    Dann könnte Europa alleine die baltischen Staaten stützen, ohne das Amerikaner da rumturnen müssen.

     

    Ich bin nicht begeistert, wenn unsere Soldaten im Baltikum sind. Besser als wenn es Amerikaner sind, ist es aber alle mal. Die Cowboys sind meiner Erfahrung nach, lockerer mit dem Finger am Abzug, was mir an der Grenze zu Russland gar nicht gefällt.

  • Was im Artikel fehlt ist eine Aufschlüsselung nach Art der Waffen. Als Rüstungsexporte macht es ja einen Unterschied ob 10000 Gewehre oder ein hochmodernes Schiff verkauft werden.

     

    Steigende Gesamtbeträge sind auch zu erwarten weil sich viele Ländern inzwischen teurere Waffensystemen leisten können.

  • Die Händler des Todes...

    Wir können uns mal wieder alle gegenseitig gratulieren!

    Was für ein Erfolg!!!

  • „…– inflationsbereinigt und ohne China, das aufgrund ungenügender Fakten ausgeklammert wurde – …“

     

    Wieso wird das in diesem Beitrag mit einem Nebensatz abgetan?

    Zumindest ist aus vergangenen Jahren bekannt, dass China nicht nur die höchsten Steigerungsraten im Waffenexport hat, sondern das tut, wofür früher die imperialistischen Staaten kritisiert wurden: Es beliefert auch Staaten, zwischen denen bekanntermaßen Konflikte bestehen, wie Indien und Pakistan. Den Vorteil haben die kapitalistischen Waffenproduzenten im kommunistischen China, das demnach gar kein Interesse an einer Aussöhnung zwischen Indien und Pakistan haben kann. Imperialismus pur!

     

    Wahrscheinlich halten sich die chinesischen Kommunisten an ein – diesmal deutsches – Sprichwort: „Was keiner weiß, macht keinen heiß!“. Zumindest beim Autor des Beitrags hatte das Erfolg!

     

    Wenigstens in D. gibt es eine spürbare Opposition, die der Regierung hin und wieder in den Arm fällt!

  • Es boomt in Deutschland!