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Zentrum sucht Raum

Zu wenig Geld und Geduld: Das ZKR der Grün Berlin muss Schloss Biesdorf verlassen. Wohin geht es jetzt?

Von Beate Scheder

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ausgerechnet das ZKR, das Zentrum für Kunst und öffentlichen Raum, seinen Raum verloren hat. Am Freitag wurde bekannt, dass die landeseigene Grün Berlin GmbH, Trägerin des ZKR, die Betreiberschaft von Schloss Biesdorf zum 1. Februar 2018 an den Bezirk Marzahn-Hellersdorf zurückgibt. Aus finanziellen Gründen, wie es in der Pressemitteilung heißt.

Das begrenzte vom Bezirk vorgegebene Budget hätte langfristig keinen wirtschaftlich verantwortungsvollen Betrieb erlaubt. Zu hohe Einnahmeerwartungen hätten zu einer unverträglichen Kommerzialisierung des Kunstortes geführt, die in Widerspruch zu den geltenden Förderrichtlinien stehe.

Das Aus kommt nach nicht einmal anderthalb Jahren. Erst im Herbst 2016 war das ZKR nach einer aufwendigen Restaurierung eingezogen und hatte der ehemaligen Wohnvilla der Familie Siemens mit Kunst eine neue Ausrichtung zugeführt. Momentan läuft die dritte Ausstellung. „Blick Verschiebung“ versammelt fotografische und Videoarbeiten von 22 Künstler*innen, die sich mit politischen, wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen alltäglicher Lebensräume beschäftigen und dabei von den gesellschaftlichen Veränderungen seit der Wende erzählen.

Zum anspruchsvollen Konzept des ZKR, das in Biesdorf auch eine enge Kooperation mit dem DDR-Kunstarchiv Beeskow vorsah, passt das perfekt. Mit ebendiesem wurden aber viele Anwohner*innen nie wirklich warm. Bürger*innen wie Kulturpolitik hätten von Anfang an mit der Idee gefremdelt, auch zeitgenössische Kunst zu zeigen, meint Katja Aßmann, Direktorin des ZKR. Vielmehr hätten die Biesdorfer*innen die Angebote des soziokulturellen Zentrums vermisst, das vorher im Schloss untergebracht war.

Die Ausgangssituation war keine einfache: Von der Nachbarschaft wurde das Treiben im Schloss argwöhnisch beäugt, für das Kunstpublikum lag dieses zu sehr in der Peripherie. Vielleicht wäre es dem ZKR mit mehr Zeit gelungen, sich nah wie fern zu etablieren. An Geld und Geduld scheiterte letztlich das Projekt.

Die Laufzeit der aktuellen Ausstellung bis April sei vorerst gesichert, heißt es. Vorerst, denn Aßmann müsse dafür mit den Leihgebern der Exponate die neue Situation absprechen. Überhaupt muss einiges geklärt werden: Wie und wo es mit dem ZKR weitergehen und was aus dem Schloss Biesdorf wird.

Aßmann hatte schon das Programm für die nächsten zwei Jahre, nun muss sie anderswo neu anfangen. Das Konzept des ZKR, das mit viel Engagement und sehenswerten Ausstellungen umgesetzt worden war, wird an einem anderen Ort der Grün Berlin fortgesetzt werden. Attraktive stehen durchaus zur Verfügung: Zunächst gehe es im Spreepark im Plänterwald weiter, dann an einem dauerhaften Ort, der schon bald gefunden sein soll.

Und der Bezirk? Kalt erwischt hätte sie die Kündigung nicht, erklärt Kulturstadträtin Juliane Witt (Die Linke), überrascht aber schon. Den Vorwurf, die vorgegeben finanziellen Bedingungen seien zu knapp bemessen gewesen, will sie nicht gelten lassen. 500.000 Euro habe das ZKR wie vertraglich festgelegt vom Bezirk bekommen, mehr als andere Institutionen. Im Sommer habe die Grün Berlin auf den Mehrbedarf hingewiesen und gehofft, der Bezirk würde einspringen. Vergeblich. „Wir gingen davon aus, dass ein Unternehmen dieser Größe das Defizit selbst ausgleichen könne“, so Witt.

Jetzt muss Witt einen neuen Mieter für das Schloss finden. Durch die EU-Förderung, die für das ZKR beantragt wurde, ist dessen Nutzung an zeitgenössische Kunst gebunden. Viel Auswahl hat sie dafür in ihrem Bezirk nicht, für eine Ausschreibung ist zu wenig Zeit. Ab dem ersten Februar werde das Haus formell als kommunale Galerie geführt, so Witt. Einziehen wird Karin Scheel mit der Galerie M: „Das geht nur so, es gibt keinen Plan B“.

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