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Sextipps fürs Feldlager

Zeitschriftenumschau: Die Bundeswehr widmet dem Thema „Liebe, Lust und Leidenschaft“ die aktuelle Ausgabe ihres Mitarbeitermagazins „Y“

Der Bahnhofskiosk – unendliche Weiten: Knapp 1.600 Publikumszeitschriften schwappen regelmäßig in die Regale. In loser Folge und nach dem Zufallsprinzip stößt das taz-Medienressort in Parallelwelten vor, die manche menschliche Wesen regelmäßig aufsuchen, auf der Suche nach genau der Zeitschrift, die ihrem Leben den speziellen Sinn gibt. Heute: „Y – Das Magazin der Bundeswehr“ – im November mit einer Sonderausgabe zum Thema „Liebe, Lust und Leidenschaft“.

Von Tobias Schulze

Wie schaut’s aus?

Wer sich in der Kaserne nicht für alle Zeiten unmöglich machen will, sollte diese Ausgabe hinter einem Umschlag verstecken: Auf dem Cover küsst sich vor knallgelbem Hintergrund ein junges Paar, aus ihrer Stirn wächst eine Cartoon-Ananas, um seinen Unterarm windet sich eine Schlange auf LSD. Im Heft zieht sich die bunte Comic-Optik durch. Ein ähnlich freshes Layout gab es in den 1990ern schon mal – bei Salto, dem Magazin für kleine Kunden der Bundespost.

Was steht drin?

Erstens: Aufklärung für Anfänger („Coitus interruptus ist eine der unzuverlässigsten Verhütungsmethoden“) und Fortgeschrittene (Was ist eine „polyamore Beziehung mit Primär-, Sekundär- und Tertiärpartnern“?).

Zweitens: Beispiele für sexu­el­le Vielfalt in der Truppe. Auf der einen Seite erzählt ein heterosexuelles Soldatenpaar, wie es sich auf einem Lehrgang kennenlernte. Auf der nächsten berichtet eine Hauptgefreite, wie sie sich auf Instagram in eine IT-Angestellte aus der Schweiz verliebte. Dazu Praxistipps: In welchen Fällen bezahlt die Heilfürsorge eigentlich die Geschlechtsangleichung transsexueller Soldaten?

Und drittens: Ratschläge, wie Soldaten Beruf und Beziehung vereinbaren können. Vor dem Einsatz viel reden, nach dem Einsatz viel Zeit nehmen und während des Einsatzes vielleicht eine Affäre innerhalb des Kontingents suchen. Weil für Streaming-Seiten in den Feldlagern die Bandbreite nicht ausreiche, rät das Magazin zu privaten Festplatten mit Pornos. Aber Vorsicht: „Wer seine sexuellen Bedürfnisse auslebt, darf andere Kameraden nicht stören.“

Wer macht es?

Y ist das Mitarbeitermagazin der Bundeswehr, Herausgeber ist der Pressestab des Verteidigungsministeriums. Die Redaktion besteht aus Soldaten und Zivilisten. Normalerweise berichten sie über Atomtests in Nordkorea, Bundeswehrsoldaten in Mali oder den Umgang mit dem Tod im Einsatz. Im Vorwort der aktuellen Ausgabe schreibt der leitende Redakteur ganz im Sinne seiner Oberbefehlshaberin: „Für Diskriminierung, Beleidigung oder gar sexuelle Gewalt ist in der Bundeswehr kein Platz.“

Eine Armee, die so selbstverständlich mit Sex und Diversität umgeht, kann so schlecht nicht sein

Wer liest es?

Zielgruppe sind Soldaten und Bundeswehrangehörige zwischen 18 und 35. An Kasernen wird das Heft kostenlos verteilt, Zivilisten können es für 37 Euro pro Jahr im Abo bestellen. Online gibt es alle Ausgaben gratis.

Warum kauft man es (k)ein zweites Mal?

Harte Kerle wollen von Gefühlen natürlich nichts wissen und wittern jetzt die endgültige Verschwulung der Truppe. Auf der Facebook-Seite der Bundeswehr ist die Kritik an der Sonderausgabe verheerend. „Im nächsten Krieg sollten die Hefte über dem Graben der Feinde abgeworfen werden – die können sich dann totlachen“, schreibt einer der User. Aber mal unter uns: Eine Armee, die in ihrem Mitarbeiterheft ganz selbstverständlich mit Liebe, Sexualität und Diversität umgeht, kann so schlecht vielleicht doch nicht sein. Trotz des hässlichen Covers: Auf zur Musterung!

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