G20-Überwachungstechnik filmt weiter: Großer Bruder Telemichel

Zum G20-Gipfel baute die Hamburger Polizei die Überwachungsinfrastruktur aus. Nun ist klar: Damals installierte Kameras sollen weiter filmen.

Unsichtbar: Wo genau auf dem Hamburger Fernsehturm die neue G20-Kamera installiert wurde, ist geheim. Ebenso, wie weit sie sehen kann. Foto: dpa

HAMBURG taz | Wird Hamburg seit dem G20-Gipfel verstärkt überwacht? Die Linke in der Bürgerschaft befürchtet das – wobei ihr insbesondere eine hochauflösende HD-Kamera Sorgen macht, die zu Überwachungszwecken auf dem Fernsehturm installiert wurde. „Von dieser Position aus können weite Teile der Stadt kleinteilig überwacht werden“, sagt die innenpolitische Sprecherin der Fraktion, Christiane Schneider, die zu dem Thema eine Kleine Anfrage an den Senat gestellt hat.

Aus der Antwort geht hervor, dass für den Gipfel sechs zusätzliche Kameras zur „Lageaufklärung“ installiert worden sind: neben der auf dem Fernsehturm vier auf dem Jungfernstieg und eine auf der Palmaille. Bisher seien sie „nicht abgebaut, aber für den Vollzug technisch außer Betrieb genommen worden“.

„Technik die da ist, wird auch benutzt“

„Selbst wenn diese Möglichkeit heute nicht ständig genutzt wird, so zeigt die Erfahrung, dass einmal installierte Technik mit der Zeit verstärkt eingesetzt wird“, sagt Schneider. Was die Kamera auf dem Fernsehturm wirklich kann, ist allerdings unklar. „Solange die Stadt nicht sagt, um welchen Typ es sich handelt, kann man da nur spekulieren“, meint Michael Hirdes vom Chaos Computer Club CCC.

Klar ist allerdings, dass die Hamburger Innenbehörde die Videoüberwachung ausgebaut hat. Rund drei Millionen Euro wurden in Reparatur und Neuinstallation der Kameraanlagen investiert. Wo genau die Überwachungstechnik angebracht wurde, wollte die Polizei auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion jedoch nicht sagen – aus ermittlungstaktischen Erwägungen.

Angeblich abgeschaltet

Noch im August hatte die Polizei behauptet, die zum Gipfel neu installierten Kameras seien noch am 9. Juli abgestellt und demontiert worden. Nur an drei Standorten seien sie lediglich technisch außer Betrieb genommen worden.

Zwei Monate später musste die Innenbehörde nun zugeben, dass keine der sechs Kameras demontiert worden ist. „An bestimmten Örtlichkeiten wurde die installierte Kameratechnik nicht demontiert, um sie gegebenenfalls etwa bei Großveranstaltungen reaktivieren zu können“, sagt Hauke Carstensen von der Innenbehörde.

Sämtliche Videokameras werden also dauerhaft bestehen bleiben. Die Linksfraktion fordert daher den Abbau – einen Schritt, den auch die Hamburgische Datenschutzbehörde bevorzugen würde. Gegen Kameras, die nicht betrieben werden, bestünden allerdings keine datenschutzrechtlichen Bedenken, heißt es bei der Behörde.

Kaum Kontrolle

Genau das sei aber nicht immer ersichtlich, meint Schneider. Wann und wie häufig die Polizei die Videotechnik einsetze, unterliege kaum mehr einer Kontrolle. „Es geht nicht, dass das Parlament nicht weiß, was die Polizei tut“, sagt sie. „Wir als Fraktion fordern daher ein Parlamentarisches Kontrollgremium.“

In Hamburg liegt die datenschutzrechtliche Kontrolle der Polizei in den Händen des Landesdatenschutzbeauftragten Johannes Caspar. Der sieht keinen Bedarf für eine zusätzlichen Kontrollstelle, gibt aber zu, dass „die datenschutzrechtlichen Prüfungen bei der Polizei mittlerweile hohe personelle Kapazitäten binden“. Die Kontrolle könne darum „nicht in optimaler Weise erfolgen“.

Ob die Polizei die neuen Kameras nutzt oder nicht, an die Daten kommt sie auf jeden Fall, sagt Michael Hirdes vom CCC. „Die benutzen stumpf die hochempfindlichen Kameras, die in den Geschäften stehen.“ Bei einer Anfrage der FDP im Jahr 2015 kam heraus, dass in Hamburg rund 16.000 Überwachungskameras stehen – 13.500 davon im öffentlichen Raum.

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