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Trump: „Rassismus ist böse“

USA Unter Druck verurteilt Donald Trump doch noch die Rassisten und Neonazis von Charlottesville. Aber kaum jemand glaubt, dass das tatsächlich ernst gemeint ist

Von Bernd Pickert

BERLIN taz | Mit drei Tagen Verspätung und getrieben von einem massiven öffentlichen Aufschrei hat sich US-Präsident Donald Trump am Montag doch noch zu einer Verurteilung der Rechtsextremen herabgelassen, die am Samstag in Charlottesville demonstriert hatten. Gefolgt von jubilierenden Statements über hohe Börsenkurse und niedrige Arbeitslosigkeit las Trump vom Teleprompter ab: „Rassismus ist böse, und jene, die in seinem Namen Gewalt ausüben, sind Kriminelle und Gangster, einschließlich dem Ku-Klux-Klan, Neonazis, weißen Herrschaftsdenkern und anderen Hassgruppen.“

Im Unterschied allerdings zu seinem Justizminister und Generalstaatsanwalt Jeff Sessions bezeichnete Trump die mörderische Autofahrt in eine Menge Gegendemonstranten, bei der am Samstag die 32-jährige Heather Heyer getötet worden war, nicht als „inländischen Terrorakt“. In sehr allgemeinen Worten rief Trump dazu auf, die Nation möge zusammenkommen, schließlich wehe die US-Fahne doch für alle.

Während einige die Erklärung Trumps als „präsidentiell“ begrüßten, empfanden viele Kommentatoren die Sätze als zu spät und zu lasch. Nicht einmal die Rechtsextremen der sogenannten Alt-Right-Bewegung selbst fühlten sich von Trump angegriffen. Richard Spencer, einer der bekanntesten Alt-Right-Vertreter in den USA und selbst Redner in Charlottesville, sagte vor Reportern: „Das heutige Statement war so ein Kumbaya-Quatsch. Er hat sich angehört wie ein Sonntagslehrer. Nur eine dumme Person würde diese Bemerkungen ernst nehmen.“

Erbost darüber, auch mit seinen Worten die Kontroverse über seine erste Reaktion nicht zu den Akten legen zu können, twitterte Trump nur Stunden später: „Habe weitere Anmerkungen zu Charlottesville gemacht und wieder gemerkt, dass die Fake-News-Medien nie zufrieden sein werden … wirklich schlechte Menschen!“

Immerhin, so gründlich hat noch selten ein Politiker binnen kürzester Zeit die Bedeutung seiner eigenen Worte ad absurdum geführt. Doch Trump legte noch nach: Am Abend ließ er wissen, er denke ernsthaft darüber nach, den angeklagten Sheriff Joe Arpaio zu begnadigen. Den 85-Jährigen, über Jahrzehnte bekannt als einer der schärfsten und rassistischsten Polizeivertreter der USA, erwartet im Oktober ein Urteil wegen Missachtung einer richterlichen Entscheidung. Arpaio ist allerdings ein überzeugter Trump-Unterstützer und war einer der Redner bei Trumps Nominierungsparteitag.

Pflicht, Intoleranz und Extremismus entgegenzutreten

Ken Frazier, CEO von Merck

Mit Unbill haben auch einige wichtige Wirtschaftsführer auf Trumps Umgang mit Charlottesville reagiert, allen voran Ken Frazier, Vorstandsvorsitzender des Merck-Konzerns. Frazier, vielleicht der bekannteste schwarze Manager in den USA, erklärte seinen Austritt aus Trumps „American Manufacturing council“, einem Beratergremium wichtiger Industrieführer. „Die Stärke unseres Landes stammt aus seiner Diversität und allem, was Männer und Frauen unterschiedlichen Glaubens, Hautfarbe, sexueller Orientierung und politischer Überzeugung dazu beigetragen haben. […] Als CEO von Merck und aus persönlichen Gewissensgründen sehe ich es als meine Pflicht an, Intoleranz und Extremismus entgegenzutreten.“

Im Unterschied zum Gewaltausbruch von Charlottesville reagierte Trump diesmal sofort: „Jetzt, wo Ken Frazier von Merck aus dem Beirat zurückgetreten ist, wird er mehr Zeit haben, um die ABZOCKER-MEDIKAMENTENPREISE ZU SENKEN!“, schrieb Trump auf Twitter.

Sicher scheint indes, dass sein Umgang mit Charlottesville dem Präsidenten tatsächlich geschadet hat. Die neueste Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Gallup, die am Wochenende durchgeführt wurde, sieht Trump nur noch bei 34 Prozent Zustimmung – der niedrigste Wert seiner Amtszeit und einer der niedrigsten in der US-Präsidentschafts-Geschichte überhaupt.

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