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Freies Netz für alle – oder auch nicht

WLan Die Störerhaftung wird abgeschafft. Doch der freie Internetzugang ist längst nicht sicher. Verbraucherschützer und Netzexperten rechnen mit enormen Einschränkungen

Mit den Sperr­verpflichtungen schafft man nur neue Unsicherheiten

BERLIN taz | In letzter Minute haben sich SPD und Union auf grundlegende Änderungen des Telemediengesetzes geeinigt – und damit die Störerhaftung faktisch abgeschafft. Wer WLAN im Café oder Hotel anbietet, muss nicht automatisch mit Schadenersatz oder Unterlassungsklagen rechnen, wenn die Gäste illegale Inhalte herunterladen oder teilen. Keiner soll Angst vor einer kostenpflichtigen Abmahnung haben.

Das offene WLAN soll mit dieser Regelung auch in Deutschland selbstverständlich werden. Schließlich ist das in den Nachbarländern längst der Fall. Die Anbieter können ihren Internetzugang verschlüsseln oder mit einem Passwort schützen. Verpflichtet sind sie dazu nicht.

Mehr Internet wollen sowohl Verbraucherschützer als auch Netzexperten. Das Gesetz ist für sie längst überfällig. Die Drohkulisse von massenhafter Kriminalität und Urheberrechtsverletzung – für die es kaum Belege gibt – hätte bei Gastronomen und Kleinanbietern für erhebliche Rechtsunsicherheit gesorgt und sie davon abgehalten, ihre Netze zu öffnen.

So formuliert es auch der netzpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Konstantin von Notz. Zufrieden ist er trotzdem nicht. „Zwar räumt man die bisherigen Haftungsrisiken weitgehend aus, doch dafür schafft man mit den Sperrverpflichtungen nur neue Unsicherheit.“

Das befürchtet auch Volker Tripp vom Verein Digitale Gesellschaft. Ein Beispiel: Ein Café-Betreiber öffnet sein WLAN für die Allgemeinheit. Er fordert weder ein Passwort noch eine Registrierung. Der Zugang ist nicht verschlüsselt. Ein Gast lädt sich unbemerkt Musik oder Bücher herunter und verletzt damit das Urheberrecht. Doch der Download fällt auf. Nämlich dem Rechteinhaber. Der speichert die IP-Adresse des WLAN-Routers, von dem aus der Datenklau begangen wurde. Schließlich kommt er so auf den Betreiber des WLANs, wahrscheinlich den Café-Betreiber. Der soll die Webseiten sperren, von der die Inhalte illegal heruntergeladen wurden. Ist das gerechtfertigt?

Der Café-Betreiber hat zwei Möglichkeiten. Entweder er ignoriert die Forderung des Rechte­inhabers – und riskiert damit eine Klage. Oder er sperrt die Seiten. Damit es künftig keinen Ärger gibt, werden sich viele Café-Besitzer gleich gegen einen freien WLAN-Zugang für die Kundschaft entscheiden. So die Befürchtung. Für Tripp bremst diese Rechtsunsicherheit das Ziel einer flächendeckenden Versorgung mit offenen WLANs aus.

Das sieht auch Verbraucherschützer Martin Madej so. Für den Digitalexperten des Verbraucherzentrale Bundesverbands (VZBV) wird damit ein „Instrument geschaffen, das Diensteanbieter aus rechtlicher Unsicherheit heraus daran hindert, das Netz der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Er sieht sogar die Gefahr des „Overblocking“. Nicht nur rechtswidrige Inhalte werden blockiert, sondern auch legale. Die Sperrung könnte dann auch Linux-Anwendungen betreffen oder andere Open-Source-Angebote.

Netzexperte von Notz spricht von „Scheinproblemen und Nebenschaukriegsplätzen“. „Ohne klare und nutzerfreundliche Bedingungen werden es offene WLANs in Deutschland weiter schwer haben.“ Tanja Tricarico

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