: Angeschossener vor Gericht
ANKLAGE Die Polizeischüsse auf einen Geflüchteten sorgten im Februar für Aufregung. Martin Dolzer von der Linkspartei hatte den Fall als rassistische Tat bezeichnet. Nun steht der Ghanaer vor Gericht
Am linken Bein trägt er noch eine Schiene – Augustine O. war schwer verletzt, nachdem ihm Anfang Februar ein Polizist auf St. Georg zweimal in die Beine geschossen hatte. Der betrunkene O. hatte ein Messer bei sich gehabt und damit mutmaßlich SexarbeiterInnen bedroht. Der hinzugerufene Zivilpolizist hatte sich offenbar in Gefahr gesehen, Pfefferspray gegen O. eingesetzt und schließlich geschossen.
Während die Ermittlungen gegen den Polizisten noch laufen, steht O. seit Donnerstag vor Gericht. Dort muss er sich wegen Körperverletzung, versuchter Nötigung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte verantworten. Um den Fall hatte es Schlagzeilen gegeben, nachdem der Abgeordnete der Linkspartei, Martin Dolzer, gegenüber der taz geäußert hatte, es handele sich offenbar um einen „rassistisch motivierten Hinrichtungsversuch“. Später hatte er die Aussage zurückgenommen. Auch gegen Dolzer läuft ein Verfahren – der Polizeichef Ralf Meyer hatte ihn wegen übler Nachrede angezeigt.
Der Verteidiger O.s, Matthias Wisbar, sagte bei der Prozesseröffnung, für eine rassistisch motivierte Tat gebe es keine Anhaltspunkte. Damit wolle er aber nicht ausschließen, das so etwas generell möglich wäre. O. sagte, dass er sich an die Tat nicht erinnern könnte. Falls es so gewesen sein sollte, wie von den ZeugInnen beschrieben, habe er einen schweren Fehler begangen und es tue ihm leid.
Bisher sind zwei weitere Prozesstermine angesetzt. O. und sein Verteidiger hoffen auf eine Bewährungsstrafe. O. ist gut integriert – er hat einen Job und spielt Fußball im FC Hamburger Berg. Er ist Teil der Gruppe Lampedusa in Hamburg, die seit März 2013 für ein Bleiberecht kämpft.
Dass gegen O. Anklage erhoben wurde, während die Ermittlungen gegen den Polizisten offenbar noch keine ausreichenden Ergebnisse erbracht haben, sei typisch, sagte Wisbar. „Sobald die Polizei schießt, wird es schwierig für den Angeklagten.“ Die Ermittlungen gegen den Polizisten werden wohl eingestellt. Katharina Schipkowski
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen