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„Der Raum passt oft nicht zur Kultur“

Platz Die Soziologin Christine Hannemann über Wohnungsgrößen

Foto: Ronny Schönebaum
Christine Hannemann

ist Professorin für Architektur- und Wohnsoziologie am Institut Wohnen und Entwerfen an der Fakultät Architektur und Stadtplanung in Stuttgart. Sie hat über Plattenbauten in der DDR promoviert und war an der HU Berlin zu Stadt- und Regionalsoziologie tätig.

taz: Frau Professor Hannemann, welche Wohnungsgrößen galten im früheren Sozialen Wohnungsbau als ausreichend für Familien?

Christine Hannemann: Schon in den späten 20er und frühen 30er Jahren errechnete man in Deutschland den Wohnraumbedarf für Haushalte. Dabei berechnete man die Stellflächen für Kleiderschränke, für Betten und die Zwischenräume. Weniger als 45 Quadratmeter galten für eine vierköpfige Familie als ausreichend. In den 70er Jahren waren in der DDR dann 57 qm für eine Dreiraumwohnung in Berlin und 53qm in der übrigen DDR Standard.

Nach den früheren DIN-Normen im Sozialen Wohnungsbau sollte ein Wohn-/Esszimmer für vier Menschen mindestens 20 Quadratmeter haben. Die Räume in Modulbauten sind erheblich kleiner.

Dass die Räume in Modulbauten klein sind, hat auch einen technischen Grund: Die Deckenspannweite, also die Breite und Länge, die eine Decke ohne Stütze haben kann, ist hier begrenzt – eine Frage der Statik.

In Containerdörfern werden Module zusammengesetzt. Da hat eine vierköpfige Familie nur knapp 40 Quadratmeter zur Verfügung: Bad, Miniküche plus zwei 13-Quadratmeter-Module als Schlafräume, wo dann auch gegessen wird.

Eine solche Raumaufteilung etwa passt nicht zur Kultur in arabischen Ländern. Es herrscht eine ausgeprägte Besuchskultur. Gastfreundschaft spielt eine große Rolle, die Familien besuchen sich gegenseitig. Da ist ein Essplatz mit vier Plätzen nicht ausreichend. Wir wissen, dass in kleinen Wohnungen dann Schlafzimmer zu Wohn- und Esszimmern umgebaut werden. Und kleine Räume werden noch weiter aufgeteilt, denn in den arabischen Kulturen herrscht eine strikte Geschlechtertrennung beim Wohnen.

Das heißt, Jungs und Mädchen dürfen nicht in einem Zimmer schlafen?

Auf keinen Fall. Die Wohnung ist in diesen Kulturen ohnehin eher die Domäne der Frauen und Mädchen, dort spielen sich deren Aktivitäten ab. Die Männer und Jungen sind eher aushäusig, ob sie das wollen oder nicht. In der Praxis bedeutet das heute für manche Familien in kleinen Wohnungen, dass die Jungs dann eben auf die Straße geschickt werden.

Interview Barbara Dribbusch

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