Nach dem Rauswurf von FBI-Chef Comey: Trump verwickelt sich in Widersprüche
Er habe die Kündigung nicht auf Empfehlung des Justizministeriums ausgesprochen, sagt Trump. Seine Verwicklungen mit Russland seien erfunden.
„Ich wollte ihn unabhängig von Empfehlungen feuern“, sagte Trump. In seinem am Dienstag veröffentlichten Entlassungsschreiben an den FBI-Direktor hatte der Präsident hingegen noch erklärt, die Empfehlung von Justizminister Jeff Sessions und dessen Stellvertreter Rod Rosenstein „akzeptiert“ zu haben; das FBI ist dem Justizministerium untergeordnet.
Auch Vizepräsident Mike Pence stellte den Ablauf noch am Mittwoch so dar, als habe Trump seinen Beschluss erst gefällt, nachdem ihm die Entlassung Comeys von der Ministeriumsspitze angeraten worden sei. Zeitgleich mit dem Entlassungsbrief hatte das Weiße Haus ein Memo Rosensteins veröffentlicht, in dem dieser Comeys Umgang mit der E-Mail-Affäre der früheren Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton hart kritisiert.
Der FBI-Chef war während des Wahlkampfs mit Informationen zur Untersuchung des regelwidrigen Umgangs der Ex-Außenministerin mit ihren dienstlichen Mails an die Öffentlichkeit gegangen. Clinton machte ihn deshalb für ihre Niederlage gegen Trump mitverantwortlich. Trump hatte den FBI-Chef im Wahlkampf noch für die Ermittlungen zu Clintons E-Mails gelobt.
Der Unruhestifter
Nun beschimpfte er ihn als „Angeber“ und „Wichtigtuer“ und warf ihm vor, das FBI im vergangenen Jahr in „Aufruhr“ versetzt zu haben. Präsidentensprecherin Sarah Huckabee Sanders ergänzte, Rosensteins Memo habe Trump lediglich in seinem bereits getroffenen Beschluss „bestärkt“.
Die oppositionellen Demokraten und andere Trump-Kritiker vermuten jedoch, dass der wahre Grund für Comeys Entlassung die FBI-Ermittlungen zur Russland-Affäre sind. Darin geht es um die mutmaßlichen russischen Hackerangriffe auf Clintons Wahlkampf-Team und mögliche illegale Verbindungen von Trump-Mitarbeitern nach Moskau.
In dem Interview sagte Trump, wenn es wahr sei, dass sich Russland in die Wahl eingemischt habe, wäre dies „schrecklich“. Er betonte: „Es gibt keine geheime Absprache zwischen mir, meiner Kampagne und den Russen.“
Mit seinem Interview bestärkte der US-Präsident nun allerdings die Vermutung eines Zusammenhangs zwischen Comeys Rauswurf und den FBI-Ermittlungen zu den Russland-Kontakten. In seinem Entlassungsbrief hatte er ebenfalls darauf Bezug genommen, indem er schrieb, Comey habe ihm bei drei Gelegenheiten versichert, dass nicht gegen ihn persönlich ermittelt werde.
Unverständnis bei den Republikanern
In dem Interview sagte Trump auch, Comey von sich aus danach gefragt zu haben, ob gegen ihn ermittelt werde – damit setzte er sich potenziell dem Vorwurf aus, sich in laufende Ermittlungen eingemischt zu haben. Wenn Comey tatsächlich auf Trumps Fragen geantwortet habe, wäre auch dies ein Regelverstoß, sagte der Rechtsexperte Laurence Tribe.
Die widersprüchlichen Angaben der US-Regierung sorgten in Washington für Unverständnis, auch bei den Republikanern. Der Senator Lindsey Graham sagte, Trump habe das Recht, den FBI-Direktor „für welchen Grund auch immer zu entlassen“. „Das Problem ist, er hat inkohärente Gründe genannt.“
Der kommissarische FBI-Chef Andrew McCabe versicherte bei einer Anhörung im Senat, dass seine Behörde die Ermittlungen zur Russland-Affäre fortsetzen werde.
Inmitten der Debatte kündigte der US-Präsident an, sich für den Frieden zwischen Russland und der Ukraine einzusetzen. Nachdem in russischen Medien entgegen einer Absprache mit dem Weißen Haus ein Foto eines Treffens von Trump und dem russischen Außenminister Sergej Lawrow erschienen war, veröffentlichte Trump selbst ein Foto von der Begegnung. Er fügte noch ein weiteres Foto hinzu, dass ihn mit dem ukrainischen Außenminister Pawlo Klimkin im Weißen Haus zeigt. Er habe sich mit beiden „gestern am selben Tag getroffen“, twitterte Trump. „LASST UNS FRIEDEN MACHEN!“
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