April 2017 in rechten Medien: Das Braune aus dem Mainstream

Rechte Twitterer verbreiten häufig Texte von „Welt“, „Focus“ und „Bild“. Am liebsten lassen sie sich von Kriminalitätsmeldungen Angst einjagen.

Frauke Petry sitzt vor einem Laptop und zieht eine Grimasse

Hat sie sich ausnahmsweise auch vor rechten Medien geekelt? AfD-Chefin Frauke Petry Foto: reuters

Achtung: Links in diesem Artikel auf rechte Medien führen über den Dienst „Do Not Link“ auf die Originalartikel. Mit dem Dienst wird ausgeschlossen, dass der Link zu einer Verbesserung von deren Suchmaschinenposition führt.

Was sind eigentlich die Bestandteile der rechten Filterblase? Rechte Medien alleine reichen ja nicht aus, denn – wie in den bisherigen Ausgaben dieser monatlichen Zusammenfassung bereits berichtet – ist keines dieser Medien ein wirkliches Vollmedium. Sie produzieren täglich nur eine sehr kleine Zahl an Texten. Seit April haben wir deshalb begonnen, die Links zu verfolgen, die von rechten Twitterkonten geteilt werden. Unser Account @DieRechteBlase teilt dabei Artikel aus Mainstreammedien, die unter Rechten besonders beliebt sind.

Für @DieRechteBlase werden mehr als 200 Twitterkonten ausgewertet. Zunächst haben wir eine Liste von Twitterkonten angelegt, die besonders häufig Artikel aus rechten Medien teilen, darunter die Junge Freiheit, Compact und „PI-News“, die auch hier besprochen werden, sowie rund 20 weitere Publikationen. In einem Schneeballverfahren wurden dann weitere Konten hinzugefügt, die ebenfalls offen rechte Inhalte teilen. Aus dieser Liste werden nun die am häufigsten geteilten Artikel von regulären Medien ermittelt und dann von @DieRechteBlase geteilt. (Interessanterweise hat diese Liste von rechten Accounts große Überschneidungen mit der Liste von AfD-Unterstützeraccounts, die der Tagesspiegel und Netzpolitik.org ermittelt haben.)

@DieRechteBlase ist nun gut einen Monat online und aus den Links, die bislang geteilt wurden, lassen sich erste Beobachtungen ableiten. Im April twitterte der Account 126 Links, davon führten 30 auf Welt.de, 25 auf Focus.de und 12 auf Bild.de – gut die Hälfte aller Links führten also auf diese drei Seiten. Die restlichen Accounts waren eine bunte Mischung von Lokalmedien, Boulevardzeitungen und überregionalen Medien, bei der kein einzelnes Medium mehr als fünf Mal vorkam.

Von den 126 Artikeln handelte es sich bei 52 um Kriminalitätsmeldungen, wobei die Tatverdächtigen oder Täter in allen Fällen nicht-weiße Männer waren – die sogenannte „Ausländerkriminalität“ also, die das Schwarzbrot des rechten Journalismus ist. Sechs weitere Artikel handelten von Terrorismus, ebenfalls durch Nicht-weiße. In einem Artikel ging es um den terrorverdächtigen Bundeswehrsoldaten, der sich als Flüchtling registriert hatte. In 20 Artikeln ging es um das Thema Asyl, in zehn um Islam oder Muslime und in sieben um Einwanderung. Weitere Themen waren die Grünen, die SPD oder linke Aktivisten. In sieben Artikeln ging es um die AfD.

Aus regulären Medien werden also offenbar jene Meldungen herausgesiebt und verteilt, die das eigene Weltbild bestätigen. Sehr häufig geht es dabei um die Vergewisserung des angenommenen Hangs zur Kriminalität unter nicht-weißen Menschen. Nicht überraschend ist vielleicht, dass diese Artikel aus regulären Medien am rechten Rand des Mainstreams geteilt werden, also den Tageszeitungen des Axel-Springer-Verlages, sowie die Website des Focus.

Im Folgenden werden mehrere Themen besprochen, die auf den Onlineauftritten von drei klar rechts positionierten Medien, Junge Freiheit, Compact und „PI-News“ von Bedeutung waren. Trotz der rechten Faszination mit Kriminalität, insbesondere durch Nicht-weiße, veröffentlichte keine der Seiten eine Analyse der BKA-Kriminalitätsstatistik.

Der Parteitag der AfD

Kaum ein anderes Ereignis interessierte im April die rechte Presse so sehr wie der AfD-Parteitag, bei dem es offensichtlich um eine Richtungsentscheidung der neurechten Partei ging. AfD-Parteivorsitzende Frauke Petry hatte in einem Antrag gefordert, dass die AfD eine Regierungsbeteiligung in der übernächsten Bundestagswahl anstrebe, sowie eine Antirassismusklausel in ihr Grundsatzprogramm aufnehme. Dass der Parteitag die Entscheidung über den Antrag vertagte, bezeichnete die Junge Freiheit als eine Verschiebung der Richtungsentscheidung. In einem zweiten Text über das Spitzenduo der Partei für den Wahlkampf nannte sie diese aber eine „Niederlage“ für Petry.

Petrys Verzicht auf eine Spitzenkandidatur nannte Compact wiederum eine „Chance“ für die AfD. Vor wenigen Monaten hatte Compact noch von Petry als „Audrey Hepburn in Frühstück bei Tiffany“ gesprochen, hat aber inzwischen eine deutlich distanziertere Haltung zu ihr. „Plant Petry die Parteispaltung?“ fragte das Magazin in Hinblick auf ihren „Zukunftsantrag“. Dieser habe in der Partei kaum einen prominenten Unterstützer, weshalb sie sich lieber auf „ihre Qualitäten als „Team-Playerin“ besinnen solle.

Auch „PI-News“ befürchtete, dass Petry die AfD ein „zweites Mal“ spalten könne. Bei dem Zukunftsantrag ginge es offenbar um „eine Machtentscheidung“, schrieb die rechte Website. Die ganze „Inszenierung“ sehe nach einer Wiederholung mit neu verteilten Rollen aus – so wie Bernd Lucke vor zwei Jahren versucht hatte, eine Grundsatzentscheidung herbeizuführen und verloren hatte. Ein weiterer Artikel zitierte ausführlich aus einer Recherche von Correctiv, dass Petry nach dem Parteitag noch immer die Spaltung betreibe: So würden ganze AfD-Fraktionen nach der Bundestagswahl eine neue Partei gründen wollen. Petrys Zukunftsantrag könne die ideologische Basis dafür sein, schrieb „PI-News“ dazu.

LESEN SIE AUCH: Die Kolumne „Right Trash“ befasst sich detaillierter mit der Diskussion der Rechten über den AfD-Parteitag

Die Wahl in Frankreich

„Das System ist kurz davor, fertig zu haben“, schrieb Compact vor der Präsidentschaftswahl in Frankreich. Denn dieses habe es nicht geschafft, seine Kräfte hinter einem Kandidaten zu bündeln und gegen die rechtsextreme Kandidatin Marine Le Pen in Position zu bringen. Compact ging davon aus, dass Marine Le Pen sehr wahrscheinlich die Wahl gewinnen werde. Allerdings werde sie anders als US-Präsident Donald Trump im Amt keine „Wende“ vollziehen – sie sei zu sehr in der „volkstreuen Bewegung verwurzelt“.

Nachdem bei der ersten Wahl ‪Emmanuel Macron und Marine Le Pen als KandidatInnen übrig blieben, präsentierte Compact die Stimmen deutscher Politiker zur Wahl. Dass es nun doch eine gebündelte Unterstützung Macrons gegen Le Pen gab, fand Compact ebenso verächtlich, wie es zuvor diese fehlende Unterstützung fand: Eine „Pro-Macron-Querfront“ habe sich quer durch die Parteienlandschaft gebildet. Sind sich demokratische Parteien uneinig, ist das offenbar der Beweis für die Schwäche des „Systems“, sind sie sich einig, ist das der Beweis für dessen mangelnde Pluralität.

Die Junge Freiheit sprach von einer Wahl mit „historischer Dimension“. Keine der „etablierten Parteien“ habe sich klar positionieren können: Vier KandidatInnen, darunter die Außenseiter Emmanuel Macron und Jean-Luc Mélenchon, seien fast gleichauf und niemand könne vorhersagen, wer in die zweite Runde kommen werde. Erstaunlich war dabei die Behauptung, dass beide Favoriten, Le Pen und Macron, nicht eindeutig der Rechten oder der Linken zuzuordnen seien.

Auch „PI-News“ befürwortete klar die Präsidentschaft Marine Le Pens. „Grenzen zu und Frexit-Referendum“ hieß der entsprechende Text, der sich noch kaum mit Emmanuel Macron beschäftigte. Nach dem ersten Wahlgang kürte „PI-News“ allerdings Macron gleich zum Präsidenten. Es hieß, Macron werde voraussichtlich Präsident, und das bedeute fünf weitere Jahre sozialistische Regierung eines “zu zwei Dritteln konservativen Landes“.

Xavier Naidoos neuer Song

Nur Compact berichtete im April über den neuen Song „Marionetten“ des Musikers Xavier Naidoo. In dem Song beschimpft Naidoo PolitikerInnen als „Marionetten“, „Steigbügelhalter“ und „Hochverräter“ und singt über die eigentlichen Strippenzieher, den „Puppenspielern“ hinter den PolitikerInnen. An mehreren Stellen hat der Text verschwörungstheoretische und strukturell antisemitische Anwandlungen und wurde deshalb in zahlreichen Artikeln bereits kritisiert.

Compact nimmt Naidoo in Schutz und spricht davon, dass der Song eine „Hymne der friedlichen Volksopposition“ werden könne. Zum Schluss des Textes bedankt sich der Autor bei Naidoo mit den Worten: „Deine Stimme ist eine ganz wichtige Kugel in unserem Kampf für Souveränität und Freiheit für Deutschland“ (Hervorhebung der taz).

In einem zweiten Artikel übernimmt Compact die Wortwahl Naidoos und nennt Mitglieder der Grünen Jugend „Marionetten“. In dem Text geht es um Protestaktionen der Organisation gegen Auftritte von Naidoo. Damit würden sich die Protestierenden als „Antidemokraten, als passionierte Ausgrenzer und – ja, als Marionetten“ bloßstellen.

Fake News

Im März berichtet „PI-News“ über einen Übergriff durch “nicht Deutsch sprechende“ Täter auf eine Frau in Bützow. Wenige Tage später wurde klar, dass der Angriff erfunden war. „PI-News“ korrigierte die Meldung nicht. (Via Hoaxmap)

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