Von der Leyens Entnazifizierungsprogramm

Bundeswehr Die Verteidigungsministerin will Kasernen umbenennen. Bei Durchsuchungen in Hamburg wird ein Foto vonHelmut Schmidt in Wehrmachtsuniform gefunden. Ein Post des früheren FDP-Entwicklungsministers Niebel sorgt für Irritation

Angehöriger eines Rekruten bei der Vereidigung trägt ein Hoodie mit rechtem Logo Foto: Stefan Boness/ Ipon

BERLIN dpa/taz | Die SPD hat Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) zu einem schärferen Vorgehen gegen Rechtsextremisten in der Bundeswehr aufgefordert. „Es ist eine Anweisung der Ministerin nötig, dass Soldaten mit rechtsextremem Gedankengut grundsätzlich aus der Bundeswehr entlassen werden müssen“, sagte der SPD-Verteidigungspolitiker Rainer Arnold der Welt am Sonntag. „Geldstrafen reichen hier nicht aus, weil sie an einer solchen Einstellung nichts ändern können.“

Mit Blick auf den Fall des rechtsextremen und terrorverdächtigen Offiziers Franco A. lässt von der Leyen derzeit alle Kasernen nach Wehrmachtsdevotionalien wie Stahlhelmen oder Gewehren durchsuchen. In der Bild am Sonntag kündigte sie an, dass auch nach Wehrmachtsoffizieren benannte Kasernen umbenannt werden sollen. „Die Bundeswehr muss nach innen und außen klar signalisieren, dass sie nicht in der Tradition der Wehrmacht steht“, sagte von der Leyen: „Sie sollte ihre eigene 60-jährige Geschichte selbstbewusst stärker in den Vordergrund stellen. Warum nicht auch in Kasernennamen? Die Debatte wird jetzt im Lichte der aktuellen Ereignisse neu geführt werden.“

Im Rahmen der Durchsuchungsaktion wurde auch ein Bild des 2015 gestorbenen Altkanzlers Helmut Schmidt aus dem Flur eines Studentenwohnheims der Bundeswehr-Hochschule in Hamburg entfernt. Das Bild zeigte ihn in Wehrmachtsuniform.

Auch der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hans-Peter Bartels (SPD), kritisierte von der Leyens Kurs. „Die Probleme mit dem ganz offiziellen Anknüpfen an Wehrmachtstraditionen liegen weitgehend hinter der Bundeswehr“, sagte er der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS). Heute gehe es allenfalls um die Beseitigung „von ärgerlichen Devotionalienresten“.

„Viele Soldaten sind unglücklich über die Verteidigungsministerin wegen ihrer als unverhältnismäßig empfundenen Kritik an der Bundeswehr“, so Bartels. Sauer seien manche auch auf ihre Vorgesetzten, die der Ministerin nicht widersprochen hätten. Sie hatte der Bundeswehr im Fall Franco A. „Führungsschwäche auf verschiedenen Ebenen“ bescheinigt.

Laut FAS zeigen Zahlen des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) einen stetigen Rückgang rechtsextremistischer Fälle in der Bundeswehr in den vergangenen Jahren. So sei die Zahl festgestellter Rechtsextremisten um mehr als 90 Prozent gesunken – von 47 Personen im Jahre 2010 auf 3 im vergangenen Jahr. Die Zahl der Personen, über die Erkenntnisse wegen rechtsextremistischer Einstellung gewonnen wurden, sei im selben Zeitraum von 172 auf 31 zurückgegangen.

„Soldaten sind unglücklich über Verteidigungsministerin“

Hans-Peter Bartels, SPD

Für einen Eklat innerhalb der FDP sorgte am Wochenende ein Post im Facebook-Profil des früheren Entwicklungsministers und FDP-Generalsekretär Dirk Niebel. Ob der heutige Manager des Rüstungskonzerns Rheinmetall das Bild selbst gepostet hatte, wollte Niebel nicht sagen. Das gezeichnete Schwarz-Weiß-Bild zeigt die Konturen eines grimmig dreinblickenden Soldatenkopfs mit Fallschirmjägerhelm und in Frakturschrift den Spruch „Klagt nicht, kämpft“.

Im Internet löste der Post einen Shitstorm aus. Er könnte als Kommentar zur Debatte über den Umgang mit Wehrmachtsdevotionalien in der Bundeswehr verstanden werden. Niebel ist Reserveoffizier der Fallschirmjäger und hat das immer mit Stolz demonstriert, etwa indem er auch als Minister öfter ein Bundeswehrkäppi trug. Die FDP distanzierte sich von diesem Post. Die Partei twitterte: „Niebel hat keine Funktion mehr in der FDP inne.“