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US-Justizminister über Wikileaks-GründerFestnahme Assanges hat „Priorität“

Zwar hat Wikileaks mit Dokumenten zu Hillary Clinton womöglich Trumps Wahlkampf unterstützt. Doch Assange soll jetzt so schnell es geht angeklagt werden.

Keine Hoffnung auf Gnade durch die US-Justiz für Assange Foto: dpa

Washington afp | US-Justizminister Jeff Sessions hat die Festnahme von Wikileaks-Gründer Julian Assange sowie den Kampf gegen die Veröffentlichung von Staatsgeheimnissen zu einer „Priorität“ der neuen US-Regierung erklärt. „Wir werden unsere Anstrengungen gegen alle undichten Stellen verstärken und verstärken diese bereits“, antwortete Sessions am Donnerstag in Washington auf die Frage eines Journalisten, ob Assanges Festnahme eine Priorität der USA sei.

Der Justizminister kritisierte, dass der Geheimnisverrat ein nie da gewesenes Ausmaß angenommen habe. Erfahrene Sicherheitsexperten seien „schockiert über die Zahl der undichten Stellen“. „Wann immer ein Fall eingeleitet werden kann, werden wir versuchen, die Leute ins Gefängnis zu stecken“, fügte Sessions hinzu.

Laut einem Bericht der Washington Post haben US-Staatsanwälte in den vergangenen Wochen an einem Memo gearbeitet, das Anklagen gegen Assange und andere Wikileaks-Mitarbeiter wegen Verschwörung, Diebstahl von Regierungseigentum und Verstöße gegen das Spionagegesetz vorsehe. Auch andere Medien berichteten unter Berufung auf nicht namentlich genannte Behördenvertreter, es werde eine Klage gegen Assange vorbereitet. Das Justizministerium wollte sich zu den Berichten nicht äußern.

Assange lebt seit 2012 im Exil in der ecuadorianischen Botschaft in London. Damit will der 45-jährige Australier einer Auslieferung an die schwedische Justiz entgehen, die ihn zu Vergewaltigungsvorwürfen befragen will. Assange spricht von einem politisch motivierten Verfahren und von einvernehmlichem Sex. Er befürchtet, dass ihn Schweden an die USA ausliefert, wo ihm möglicherweise die Todesstrafe droht.

CIA bezeichnet Wikileaks als „feindlichen Geheimdienst“

Die Internet-Plattform Wikileaks hatte im Jahr 2010 ein politisches Erdbeben ausgelöst, als sie mehr als 250.000 vertrauliche Dokumente von US-Botschaften in aller Welt veröffentlichte. Sie enthüllte unter anderem Details über das Vorgehen der US-Streitkräfte bei den Kriegen im Irak und in Afghanistan. Wikileaks machte auch eine Reihe von Dokumenten publik, die zeigen, wie der US-Geheimdienst NSA Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ausspionierte.

Im vergangenen Jahr veröffentlichte Wikileaks Dokumente aus dem Präsidentschaftswahlkampf der US-Demokraten, die der Kandidatin Hillary Clinton schadeten. Die US-Geheimdienste werteten dies als von Russland gesteuertes Vorgehen, das dem heutigen US-Präsidenten Donald Trump helfen sollte.

Im März brachte Wikileaks die CIA in Verlegenheit: Die Plattform enthüllte eine zweifelhafte Cyberspionage-Technik, mit der sich die CIA Zugang zu Smartphones und Fernsehern verschafft, um die Geräte zum Abhören zu nutzen. Der neue CIA-Chef Mike Pompeo bezeichnete Wikileaks vergangene Woche als „feindlichen Geheimdienst“.

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5 Kommentare

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  • Spätestens jetzt sollten sich diejenigen entschuldigen, die Assange vorgeworfen haben, das Argument der drohenden Auslieferung in die USA wäre vorgeschoben.

    Es kann festgehalten werden: Assange hat der Demokratie in dieser Welt einen unschätzbaren Dienst erwiesen. Er ist ein extrovertierer Charakter. Genau daran hat der Geheimdienst angesetzt und versucht Rufmord zu betreiben sowie ihn in die USA ausgeliefert zu bekommen.

    Nur mal so zum Nachdenken: Hillary Clinton und Donald Trump haben Assange mit Ermordung gedroht. Assange hat lediglich Dokumente veröffentlicht, die er von anderen erhalten hat und die er auf ihre Echtheit überprüft hat. Das ist das, was eine unabhängige Presse eigentlich machen sollte, aber immer weniger in der Lage ist zu tun.

    Statt also im Untertitel ungeprüfte Behauptungen eines Geheimdienstes abzudrucken, sollte die taz lieber überprüfbare Fakten drucken:

    "Nach Clinton hat nun auch Trump Morddrohungen ausgesprochen und versuchen Assange in ihre Gewalt zu bekommen"

    Wo liegt denn der Unterschied ob Yücel in der Türkei verhaftet wird, weil er darüber schreibt, dass der türkische Geheimdienst mit dem IS kooperiert oder Assange verhaftet werden soll und festsitzt, da er Dokumente über die Verbrechen der CIA veröffentlicht?

    Setzt Euch doch bitte mehr für Pressefreiheit ein und macht Euch nicht zum Lakaien von Leuten, die Morddrohungen aussprechen.

    • @Velofisch:

      "Assange hat der Demokratie in dieser Welt einen unschätzbaren Dienst erwiesen." indem er Trump zum Wahlsieg verholfen hat. Vielen Dank dafür.

      • @Eichet:

        Das wurde anscheinend so oft wiederholt, dass es die meisten nun glauben, wie? Man muss kein Verschwörungstheoretiker zu sein, um die systematische Diskreditierung von Wikileaks in den letzten Jahren zu bemerken. Was vorzuwerfen ist, ist wohl schlechtes Timing. Der Rest wird unklar bleiben, leider wohl zum Vorteil der Gerüchteküche. Nur bleibt Wikileaks da auch keine andere Möglichkeit, solange sie ihren Grundsätzen treu bleiben wollen.

  • Ich wüsste gern, wer für die Titelunterschrift verantwortlich zeichnet, die afp oder die taz?

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    "Der Justizminister kritisierte, dass der Geheimnisverrat ein nie da gewesenes Ausmaß angenommen habe."

    Klar, da gibt es ja auch allerhand zu verheimlichen, auf dem Weg zum Schurkenstaat...