Wikileaks enthüllt Panne bei der US-Justiz: Geheime Assange-Anklage wird publik
In Gerichtsdokumenten taucht der Name des Wikileaks-Gründers Julian Assange auf. Die US-Staatsanwaltschaft behauptet nun, es handele sich um ein Versehen.
Assanges Name tauchte laut Wikileaks in Gerichtsdokumenten im US-Bundesstaat Virginia in einem Fall auf, bei dem es keinen Bezug zum Wikileaks-Gründer gibt. In den Unterlagen bat die stellvertretende Staatsanwältin Kellen Dwyer den Richter um Verschwiegenheit. Angesichts der „Raffinesse des Angeklagten und der Öffentlichkeit um den Fall“ müsse die Anklage bis zur Festnahme Assanges geheim bleiben, schrieb sie darin.
Die Nennung des Namens Assange in den Unterlagen war einem Experten der George Washington University aufgefallen, der dafür bekannt ist, solche Dokumente genauestens zu studieren. Seamus Hughes twitterte die ungewollte Bekanntgabe der Anklage gegen Assange. In dem Gerichtsdokument sei Assange nicht der „beabsichtigte Name“ gewesen, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft im Eastern District von Virginia. Das Dokument sei „aus Versehen“ erstellt worden.
Ein Anwalt Assanges kritisierte den angeblichen Fehler scharf. Es sei „unverantwortlich“, in öffentlichen Unterlagen Informationen zu nennen, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt seien und über die der Betroffene nicht informiert worden sei, sagte Barry J. Pollack der „Washington Post“. Er wisse bisher nichts von einer Anklage Assanges.
Assange befürchtet Todesstrafe in den USA
Wikileaks hatte 2010 hunderttausende geheime Dokumente veröffentlicht, unter anderem über das Vorgehen der US-Streitkräfte während der Kriege im Irak und in Afghanistan. Assange befürchtet deswegen, dass ihm in den USA ein Prozess wegen Geheimnisverrats und womöglich sogar die Todesstrafe drohen könnte.
Assange war 2012 in die ecuadorianische Botschaft in London geflohen, um einer Auslieferung an Schweden wegen Vergewaltigungsvorwürfen zu entgehen. Die Stockholmer Staatsanwaltschaft legte den Fall vergangenes Jahr zu den Akten. Allerdings besteht nach wie vor ein britischer Haftbefehl, weil Assange 2010 gegen Bewährungsauflagen verstoßen haben soll.
Die Anklage gegen Assange in den USA könnte auch Auswirkungen auf die Untersuchung von Sonderermittler Robert Mueller zur Einmischung Russlands in den Präsidentschaftswahlkampf 2016 haben. Mueller prüft dabei, ob das Wahlkampfteam von Donald Trump illegale Absprachen mit Moskau getroffen hat, um die Wahl zu beeinflussen.
Mueller ließ im Juli zwölf russische Spione anklagen. Sie sollen in Computer der Parteizentrale der Demokraten eingedrungen sein und tausende E-Mails und andere Dokumente gestohlen haben. In einer der Anklagen spielt Wikileaks eine Rolle, weil die Plattform von den Russen genutzt wurde, um die gestohlenen Mails zu veröffentlichen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
FDP stellt Wahlkampf Kampagne vor
Lindner ist das Gesicht des fulminanten Scheiterns
Paragraf 218 im Rechtsausschuss
CDU gegen Selbstbestimmung von Frauen
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Wahlkampf-Kampagne der FDP
Liberale sind nicht zu bremsen
Sednaya Gefängnis in Syrien
Sednaya, Syriens schlimmste Folterstätte
Schwarz-Grün als Option nach der Wahl
Söder, sei still!