: Tierschützer können klagen
Recht Niedersachsen hat ein Klagerecht für Tierschutzverbände eingeführt. Die CDU kritisiert das Gesetz als Angriff auf die bäuerliche Landwirtschaft
Tierschützer können in Niedersachsen künftig klagen, wenn Behörden mit ihren Genehmigungen oder Entscheidungen gegen das Tierschutzrecht verstoßen. Eine knappe Mehrheit der Abgeordneten hat im Landtag am Mittwoch für das sogenannte Verbandsklagerecht und eine stärkere Beteiligung der Organisationen vor behördlichen Entscheidungen gestimmt. Ein solches Klagerecht gilt bereits für Umweltverbände, wenn gegen Umweltrecht verstoßen wird.
Ein Beispiel, in dem das Klagerecht ziehen könnte, ist das Abschneiden der Ringelschwänze von Schweinen. Das wird gemacht, damit die Tiere sich diese nicht aus Langeweile gegenseitig abbeißen. Das Abschneiden der Schwänze ist in Niedersachsen nicht verboten. Die Bauern erhalten jedoch eine Prämie in Höhe von 16,50 Euro pro Tier vom Land, wenn sie darauf verzichten. Tierschutzverbände könnten in Zukunft gegen die behördliche Genehmigung für das Kupieren der Ringelschwänze klagen und eine gerichtliche Grundsatzentscheidung herbeiführen.
Gleiches gilt auch für Tierversuche, das Kürzen der Schnäbel von Legehennen oder Sondergenehmigungen für das religiöse Schächten – kurz: Es gilt für alle Genehmigungen, die Behörden in puncto Tierschutz erteilen. Ein solches Verbandsklagerecht gibt es bereits in sieben Bundesländern, darunter Schleswig-Holstein, Bremen und Hamburg.
Weil in dem niedersächsischen Gesetz auch ausdrücklich von „der Erteilung bau- und immissionsschutzrechtlicher Genehmigungen für Vorhaben zum Halten von Tieren zu Erwerbszwecken“ die Rede ist, also dem Neubau von Ställen, kritisiert die CDU das Gesetz. „Das Verbandsklagerecht könnte als Blockadeinstrument gegen den Bau von Ställen genutzt werden“, sagt der CDU-Abgeordnete Helmut Dammann-Tamke. Das Gesetz beweise zudem das große Misstrauen der Landesregierung gegenüber den Landwirten, aber auch den Landkreisen, die für die Genehmigung von Stallbauten zuständig seien. „Der Gesetzentwurf ist ein klarer Angriff auf die bäuerliche Landwirtschaft“, sagt Dammann-Tamke.
Auch Hartmut Schlepps vom Landvolk Niedersachsen befürchtet, dass Tierschützer Baugenehmigungen für Ställe vor Gericht brächten. „Da wird bei Landwirten und den Behörden große Unsicherheit erzeugt.“
Möglich seien jedoch nur Grundsatzklagen, sagt Klaus Jongebloed, der Sprecher des Landwirtschaftsministeriums. So könnte etwa überprüft werden, ob der Kastenstand bei Schweinen gegen den Tierschutz verstößt. Ein Urteil gelte dann für alle Ställe und nicht für den Einzelfall. „Klagen gegen einzelne Bauern sind nicht möglich.“ rea
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