: Verbannung für Gefährder?
Terrorismus Niedersachsen will zwei Islamisten abschieben, denen Anschläge zugetraut werden
Erstmals wird hier der 2004 eingeführte Paragraf 58a des Aufenthaltsgesetzes angewandt. Die Vorschrift erlaubt, gefährliche Ausländer ohne Anhörung sofort abzuschieben, selbst wenn sie ein Aufenthaltsrecht haben. Es genügt eine „besondere Gefahr“ für Deutschland. Nach dem Berliner Anschlag von Anis Amri wurde weithin gefordert, diese Vorschrift künftig häufiger zu nutzen.
Konkret geht es jetzt um einen Nigerianer, 23, und um einen Algerier, 27. Beide gehören zur salafistischen Szene Göttingens, beide wurden am 9. Februar festgenommen. Entgegen ersten Medienberichten stand ein Anschlag nicht kurz bevor. Bei Razzien wurden eine IS-Fahne und schussbereit gemachte Dekowaffen gefunden. Der Nigerianer hat wohl in Gesprächen angekündigt, dass er Polizisten töten will. Dem Algerier werden, so seine Anwältin Sandra Themann, vor allem salafistische Äußerungen und einschlägige Kontakte vorgeworfen.
Die Generalstaatsanwaltschaft Celle lehnte ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren ab. Es habe noch keine konkreten Anschlagsplanungen gegeben, nur „Frühüberlegungen“. Sieben Tage waren die beiden Göttinger in polizeilichem Präventivgewahrsam. Kurz vor der Entlassung erließ Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) dann die aufsehenerregende Abschiebungsanordnung. Jetzt sitzen die Männer in Abschiebehaft.
Die AnwältInnen beider Männer haben Eilanträge gegen die Abschiebung gestellt. Zuständig ist in erster Instanz das Bundesverwaltungsgericht. Das zeigt den Ausnahmecharakter der 58a-Norm.
Anwältin Themann hat vor allem zwei Argumente angebracht: Paragraf 58a sei verfassungswidrig, da er den Rechtsschutz des Betroffenen extrem verkürze. Zudem gehe von ihrem Mandanten keine Gefahr aus. Dieser habe nichts angekündigt und sich im persönlichen Gespräch glaubwürdig vom Terror distanziert. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit wird es eine Rolle spielen, dass beide Männer in Deutschland geboren und aufgewachsen sind. CHRistian Rath
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