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Verschleierungsverbot: nein, Präventivhaft: ja

sICHERHEITSPOLITIK Verschleierungsverbot in öffentlichen Gebäuden, lange Präventivhaft für Gefährder: Mit diesen Vorschlägen will die CDU in Niedersachsen punkten. Rechtswissenschaftler bewerten die einzelnen Vorhaben unterschiedlich

Mit drastischen Forderungen will die niedersächsische CDU im Landtagswahlkampf punkten: Das Tragen von Schleiern in öffentlichen Gebäuden soll verboten werden. Die Präventivhaft für Menschen, die eventuell einen terroristischen Anschlag planen könnten, soll von bislang maximal zehn Tage auf bis zu 18 Monate angehoben werden.

Kirchenrechtsexperte Stefan Muckel hält das geplante Verbot einer Verschleierung für bedenklich. „Dieser Entwurf wirkt schnell gestrickt. Ich fürchte, er hält einer näheren verfassungsrechtlichen Prüfung nicht stand“, sagte der Jurist von der Universität Köln. Die Religionsfreiheit sei stark vom Selbstverständnis des Einzelnen abhängig. Burka-Trägerinnen könnten argumentieren, die Verhüllung sei Teil ihrer individuellen Religionsausübung, die das deutsche Religionsverfassungsrecht garantiert, so Muckel. Wenn der Staat die Religionsfreiheit einschränken wolle, brauche es ein gegenläufiges Verfassungsrecht. Ein generelles Verbot von Burkas in öffentlichen Gebäuden ist aus Sicht von Muckel verfassungsrechtlich heikel.

Grundsätzlich anders bewertet der Kölner Strafrechtsexperte Michael Kubiciel den Plan, die Präventivhaft für Gefährder auf maximal 18 Monate anzuheben. Er sagte, die bisherige Regelung im niedersächsischen Polizeigesetz ziele auf die Bewältigung punktueller Gefahren ab, etwa durch Hooligans oder militante Atomkraftgegner. „Diese Personen und die für sie geltenden Regeln lassen sich nicht mit Terrorverdächtigen vergleichen.“ Die Verfassung oder europäische Menschenrechte würden nicht grundsätzlich gegen eine derartig lange Präventivhaft sprechen.

Beim Umgang mit Gefährdern stelle sich die Frage, ob der Staat weiterhin die Grundrechte von Personen schonen wolle, von deren Verhalten der Verdacht einer großen Gefährdung ausgehe. „Das müssen Parlament entscheiden, nicht Juristen“, so Kubiciel. (dpa)

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