Eric Bonse über Europas Ja zum Handelsabkommen CETA: Verdrängte Krise
Die europäische Handelspolitik steckt in einer tiefen Krise. Diese Krise hat nicht mit der Wahl von US-Präsident Donald Trump begonnen, und sie wird auch nicht mit der Annahme des Ceta-Abkommens mit Kanada enden. Im Gegenteil: Nach dem Votum des Europaparlaments geht der Streit erst richtig los.
Denn nun müssen noch 38 nationale und regionale Parlamente zustimmen, bevor das Abkommen in Kraft treten kann. Ein einziges Nein genügt, um Ceta aus dem Gleis zu werfen. Die Niederlande bereiten sich bereits auf eine Volksabstimmung vor, Ausgang ungewiss.
Was ist da los? Das Problem liegt auf zwei Ebenen. Da ist zum einen die institutionelle Krise: Die EU-Staaten machen Brüssel das Recht streitig, allein über Handelsabkommen zu befinden. Deshalb werden nun noch 38 weitere Abstimmungen fällig; die uneinige „Union“ lähmt sich selbst.
Zum anderen ist die Logik des Freihandels an ihre Grenzen gekommen. Wenn auch die letzten Zölle gefallen sind, dann bleiben nur noch „nichttarifäre Handelshemmnisse“ – technische, soziale und Umweltstandards. Die Freihändler greifen deshalb immer tiefer in Demokratie und Sozialstaat ein, was immer mehr Widerstand auslöst.
Gleichzeitig wird der Nutzen immer geringer. Selbst die EU-Kommission kann nicht mehr sagen, wie viele Jobs und wie viel Wachstum Ceta eigentlich bringen wird. Es gibt keine verlässlichen Zahlen, die Zuwächse werden über- und die Verluste unterschätzt. Erste optimistische Gutachten sind ganz schnell wieder im Giftschrank gelandet.
Letztlich ist das europäische Exportmodell an seine Grenzen gestoßen. Deutschland und die EU können sich nicht mehr nur auf ihre Exportüberschüsse verlassen, sie müssen endlich andere Quellen des Wohlstands finden. Doch das wollen die Europäer (noch) nicht wahrhaben. Lieber feiern sie Ceta – und schimpfen auf Trump.
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