Rückschlag für Hamburger Bürgermeister: Der Realitätsverweigerer
Mit einer kraftlosen Regierungserklärung offenbarte Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) Ratlosigkeit, wie die Ausbaggerung der Elbe umgesetzt werden kann.
HAMBURG taz | Die glanzvolle Eröffnung der Elbphilharmonie hat Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) vor einem Monat noch über die Bühne gebracht, an der Elbvertiefung indes droht er zu scheitern. Seine Regierungserklärung zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom Donnerstag der Vorwoche grenzte an Realitätsverweigerung: „Die Fahrrinnenanpassung kommt“, verkündete er am Mittwoch in der Bürgerschaft. Worauf sich seine Prognose stützt, sagte er nicht.
Vor einer Woche hatte das Leipziger Bundesgericht die Pläne von Bund und Hamburg zur Ausbaggerung der Unterelbe zwischen der Nordsee und dem Hamburger Hafen für „rechtswidrig und unzulässig“ erklärt. Damit gab es den Klagen von Umweltverbänden statt, die schwere ökologische Schäden für den sensiblen Naturraum der Tideelbe befürchteten. Die Fahrrinne darf also für die Bedürfnisse von Riesen-Containerfrachtern der neuesten Generation nicht vertieft werden, die Kosten des Verfahrens müssen zu 100 Prozent Hamburg und der Bund tragen.
„Es ist Land in Sicht“, stellte Bürgermeister Scholz klar, lediglich drei Punkte müssten geklärt werden. Der Schutz des Schierlings-Wasserfenchels, einer weltweit nur an der Unterelbe existierende Pflanze, müsse gewährleistet sein, hatte das Bundesverwaltungsgericht gefordert. Jetzt müssten die Planer ihre Berechnungen eben noch mal überprüfen, verkündete Scholz – also so lange rechnen, bis das Ergebnis stimmt. Zudem müssten zwei neue ökologische Ausgleichsmaßnahmen gefunden werden, die das Gericht akzeptiert. Eine der vorgesehenen Flächen hatten die Bundesrichter den Planern als „Etikettenschwindel“ um die Ohren gehauen, weil das Areal bereits zuvor verplant worden war.
Doch eine naturschutzrechtlich geeignete Fläche am Fluss zu finden, sei „eine nicht zu große Aufgabe“, beteuerte Scholz – und bat die erfolgreich klagenden Umweltverbände, „Vorschläge zu machen“. Was diese bereits vorige Woche eindeutig abgelehnt hatten. Und so fiel es der Opposition leicht, den Bürgermeister von rechts und links zu attackieren.
Ein leichtes Umsatzplus erwirtschaftete Hamburgs Hafen 2016, wie die Hafen Hamburg Marketinggesellschaft (HHM) am Mittwoch mitteilte.
Der gesamte Güterumschlag erhöhte sich um 0,3 Prozent auf 138,2 Millionen Tonnen.
Das wichtigste Segment Containerumschlag – 98,4 Prozent aller Waren werden in Containern transportiert –wuchs um 1,0 Prozent auf 8,9 Millionen Standardcontainer (TEU).
Damit bleibt der Hafen deutlich hinter seinen Höchstzahlen aus 2007 von knapp 10 Millionen TEU zurück.
Die Konkurrenten Rotterdam und Antwerpen legten stärker zu.
„Schönfärberei“ warf CDU-Fraktionschef André Trepoll dem Bürgermeister vor. Durch das Urteil aus Leipzig sei der Hamburger Hafen in einer Abwärtsspirale, die der Senat zu verantworten habe: „Weniger Umschlag, weniger Steuern, weniger Arbeitsplätze“ würden die Folgen sein – der Weltuntergang nahe: „Ohne Hafen kein Hamburg.“ Von einem „Debakel“ sprach FDP-Fraktionschefin Katja Suding und fragte, warum Hamburg akzeptable Ausgleichsflächen nicht schon eingeplant habe, wenn es denn so einfach sei, wie Scholz gerade eben behauptet hatte. „Sie haben diese Klatsche zu verantworten.“
Und Norbert Hackbusch (Linke) erklärte, die Elbe dürfe nicht länger den Schiffen angepasst werden, „sondern der Hafen müsse unter den realen geografischen Gegebenheiten bestmöglich entwickelt werden“. Wie groß die Ratlosigkeit nach diesem Urteil in der rot-grünen Koalition ist, bewiesen deren Fraktionsvorsitzende Andreas Dressel und Anjes Tjarks. „Wir sind nah dran an einem Ausgleich“, behauptete Dressel (SPD) und beschwor ein Entgegenkommen der Umweltverbände: „Wir sind bereit zum Dialog mit ihnen.“
Und der grüne Tjarks, ebenso wie seine Fraktion seit Jahren erklärter Gegner der Elbvertiefung, aber durch den Koalitionsvertrag mit der SPD gebunden, leierte eine lustlose Rede ohne Zitierwert herunter. Und so blieb es bei den Durchhalteparolen von Bürgermeister Scholz. „Solche Großprojekte müssen auch in Zukunft in Deutschland möglich sein“, sagte Scholz, und deshalb sollten PolitikerInnen „den Mut nicht verlieren“.
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