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Bananenrepublik Regensburg

BAYERN Nach dem Schmiergeld-Skandal um den Regensburger Bürgermeister Wolbergs streitet die SPD über Konsequenzen. Den geforderten „Neuanfang“ wollen nicht alle

Aus München Patrick Guyton

„Regensburg ist die Lachnummer des ganzen Landes“, ruft CSU-Stadtrat Christian Schlegl ins Telefon. „Da heißt es nur: Bananenrepublik.“ Schlegls Stadt erschüttert den größten kommunalen Korruptionsskandal Deutschlands. Und nicht nur der CSUler ist mit der Aufklärung mehr als unzufrieden. Bis auf den inhaftierten Bürgermeister mache das gleiche Personal weiter, klagt Schlegl. Die Koalition aus SPD, Grünen, Freien Wählern und FDP habe sich im Stadtrat geweigert, den Skandal überhaupt zu thematisieren. „Das wird uns von den Bürgern um die Ohren gehauen.“

Es ist wohl viel Kriminelles geschehen in der viertgrößten bayerischen Stadt. Laut Staatsanwaltschaft wurde Wolbergs vom Bauunternehmer Volker Tretzel geschmiert. 500.000 Euro seien klein gestückelt in die SPD-Ortsvereinskasse geflossen, damit Tretzel den Zuschlag für das große Neubaugebiet an der ehemaligen Nibelungenkaserne erhält. Zudem soll der Unternehmer dem notleidenden Sportverein SSV Jahn Regensburg mit 1,7 Millionen Euro geholfen haben – in dessen Aufsichtsrat wiederum Wolbergs sitzt.

In der SPD regt sich Unmut über die Krisenbewältigung. Der frühere Stadtrat und Jura-Professor Tonio Walter hat per Facebook einen „Neuanfang“ gefordert. Im Gespräch mit der taz spricht er von einer „Empfehlung“. Indes eine bewusst öffentliche. „Nach meiner Erfahrung bewirken lediglich parteiintern geäußerte Empfehlungen nichts“, so Walter. „Es muss, leider, ein gewisser Druck von außen hinzukommen.“

Margit Wild, Vorsitzende der Regensburger SPD und Landtagsabgeordnete, kontert: „Diese Art und Weise der Kritik ist absolut unseriös.“ Immerhin habe der SPD-Landeskassierer den Missstand entdeckt und an die Bundespartei gemeldet.

Wolbergs sitzt seit drei Wochen in Haft, ebenso Tretzel und einer seiner leitenden Mitarbeiter. Gegen den Alt-OB Hans Schaidinger (CSU) ermittelt die Staatsanwaltschaft ebenfalls, er soll von Tretzel nach seinem altersbedingten Ausscheiden einen Beratervertrag über 20.000 Euro monatlich erhalten haben.

„Regensburg ist die Lachnummer des ganzen Landes“

Christian Schlegl, CSU

Die Stimmung in Regensburg ist, nun ja, etwas gereizt. Das zeigt sich etwa an SPD-Politiker Norbert Hartl, der ebenfalls ein dicker Wolbergs- und Tretzel-Freund sein soll. Er hat nun immerhin sein Amt als Vorsitzender der Stadtratsfraktion abgegeben. Gleichwohl bleibt er in dem Gremium und auch auf allen weiteren Pöstchen. Dieser Mini-Rücktritt hat für die CSU nichts mit entschiedenen Konsequenzen zu tun.

Auch die Folgen für den SSV Jahn sind nicht absehbar. Der Verein hat erst 2015 eine pompöse „Arena“ eröffnet. Die Kicker dümpeln aber in der Dritten Fußball-Liga. Laut Berichten ist der Verein zu 90 Prozent auf Tretzel-Geld angewiesen.

Womit man auf einen stößt, der ebenfalls multipotent in Regensburg unterwegs ist: Rechtsanwalt Ulrich Weber. Er ist Mitglied des Jahn-Aufsichtsrats und bekannt als Bistums-Aufklärer des Missbrauchsskandals bei den Regensburger Domspatzen. Laut Bayerischem Rundfunk sollen sich die drei nun Inhaftierten Ende 2016 in Webers Kanzlei getroffen haben – womöglich um Jahn-Geschäftsberichte abzuändern oder auf Zeugen Einfluss zu nehmen. Weber hatte den festgenommenen Tretzel-Mitarbeiter anfangs vertreten. Der Anwalt sagt nichts zu dem Treffen, ebenso wenig wie die Staatsanwaltschaft. Und die SPD-Politikerin Wild behauptet: „Ich kenne ihn nicht, ich habe nicht in diesen Kreisen verkehrt.“

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