: Von drei gefährlichen Islamisten fehlt jede Spur
TERROR Alle bekannten Gefährder werden erneut überprüft, sagt der Innenminister zum Fall Amri
Einer der abgetauchten Gefährder ist nach Informationen der taz der 24-jährige Afghane Ahmed Feredaws A., der in Kabul geboren ist und im November 2011 nach Deutschland kam und sich hier radikalisierte. A. soll dem US-Militär in Afghanistan beim Minenräumen und Sprengstoffbeseitigen geholfen haben.
Im Juli 2015 hatte ihn das LKA Niedersachsen als Gefährder eingestuft. Der Verfassungsschutz hatte einen Hinweis bekommen, A. plane womöglich ein Selbstmordattentat auf Nato-Soldaten, vielleicht in Afghanistan. A. verlor seinen Flüchtlingsstatus, abgeschoben werden aber konnte er nicht. Er musste sich regelmäßig bei der Polizei melden. Als US-Präsident Barack Obama im April Hannover besuchte, wurde A. zwei Tage lang rund um die Uhr überwacht. Im Juli 2016 verschwand er plötzlich; niemand weiß, wo er ist.
Bundesinnenminister Thomas de Maiziére (CDU) kündigte am Mittwoch an, dass alle Gefährder noch einmal überprüft würden. Die zuständige Arbeitsgruppe im Gemeinsamen Terrorabwehrzentrum von Bund und Ländern (GTAZ) nehme in mehreren Sondersitzungen „jeden ihr bekannten Gefährder unter die Lupe“. Geprüft werde, „ob Abschiebungen oder ähnliche Maßnahmen erforderlich sind“. De Maizière und BKA-Chef Münch informierten am Mittwoch die Mitglieder des Innenausschusses in einer nichtöffentlichen Sitzung über den Stand der Ermittlungen im Fall Amri. Der Tunesier hatte bei einem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt zwölf Menschen getötet.
„Neuigkeiten haben wir nicht erfahren“, sagte die grüne Innenpolitikerin Irene Mihalic nach der Sitzung. Viele Fragen seien weiterhin offen. Geklärt werden müsse zum Beispiel, welche Rolle das Bundesamt für Verfassungsschutz gespielt habe. Das sei noch völlig offen. Mihalic und auch Frank Tempel, stellvertretender Ausschussvorsitzender der Linken, forderten eine transparente Aufklärung im Innenausschuss. Es genüge nicht, dass im geheim tagenden Parlamentarischen Kontrollgremium eine Taskforce eingesetzt worden sei.
Insbesondere die Unionspolitiker sprachen sich nach der Sitzung für eine Neuordnung der Terrorabwehr aus. Armin Schuster (CDU) sagte, es reiche nicht aus, dass sich die Behörden im GTAZ zwar über potenzielle Terroristen austauschten, die Zuständigkeit für die einzelnen Fälle dann aber bei den Ländern verbleibe. Er forderte eine Zentralisierung. Auch die Grüne Mihalic kritisierte, im GTAZ herrsche „eine Art organisierte Verantwortungslosigkeit“. Eine gesetzliche Grundlage sei dringend notwendig.
„Eine wirkliche Analyse, wo Fehler waren, haben wir nicht bekommen. Da scheut man sich noch“, sagte auch die Vorsitzende des Rechtsausschusses, Renate Künast (Grüne), der ebenfalls am Mittwoch getagt hatte. Dort musste sich Justizminister Heiko Maas (SPD) den Fragen der Abgeordneten zum Fall Amri stellen. Sabine am Orde
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