Muslima bekommt keinen Schadensersatz

Religionsfreiheit Nachdem sie wegen ihres Kopftuchs nicht eingestellt wurde, klagte eine muslimische Lehrerin gegen die niedersächsische Schulbehörde. Das Gericht wies nun die Klage ab. Die Behörde habe nach damaligen Gesetzen korrekt gehandelt

Wurde wegen ihres Kopftuches in Niedersachsen nicht eingestellt: Muslimische Lehrerin aus Osnabrück Foto: Symbolfoto: Frank Rumpenhorst/dpa

von Thomas Wübker

Sie wollte Schadensersatz und ist damit gescheitert. Eine Lehrerin hat vor dem Verwaltungsgericht Osnabrück geklagt, weil die niedersächsische Landesschulbehörde im Jahr 2013 ihre Einstellung rückgängig gemacht hatte – weil die Frau ein Kopftuch trägt. Sie fühlte sich religiös diskriminiert. Der Zutritt zur Beamtenlaufbahn sei ihr zu Unrecht verwehrt worden. Der Vorsitzende Richter, Gert-Armin Neuhäuser urteilte nun jedoch, dass die Schulbehörde nach den damaligen Gesetzen korrekt entschieden habe.

Vor Beginn des Schuljahres 2013 wurde die Muslima als Lehrerin in einer Grundschule in Dissen am Teutoburger Wald eingestellt. Ihre fachliche Qualifikation hatte überzeugt. Dann aber informierte die Lehrerin die Schule darüber, dass sie im Unterricht wegen ihres Glaubens ein Kopftuch tragen wolle. Die niedersächsische Landesschulbehörde zog die Zusage für ihre Einstellung daraufhin zurück. Die Dienststelle berief sich auf das niedersächsische Schulgesetz aus dem Jahr 2004, in dem steht, dass sich die Angestellten des Landes zur Neutralität verpflichten müssen. Das beinhaltet auch das Tragen weltanschaulicher und religiöser Symbole wie ein Kopftuch.

Die nun verhandelte Klage der Lehrerin wurde erst durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVG) im Januar 2015 ermöglicht. Darin heißt es, dass das pauschale gesetzliche Verbot des Kopftuchtragens bei Lehrerinnen an staatlichen Schulen die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit aus Artikel 4 des Grundgesetzes verletzt. Damit eine Schule das Kopftuch verbieten könne, müsse eine konkrete Gefahr für den Schulfrieden nachgewiesen werden, urteilte das Bundesverfassungsgericht.

Rund zwei Monate nach dieser Entscheidung klagte die Frau. Die Muslima forderte die Gewährung einer finanziellen Entschädigung in Höhe von 8.200 Euro – drei Monatsgehälter einer Lehrerin. Ihre Anwältin zog in ihrer Argumentation ein weiteres Urteil des BVG heran – das sogenannte „Kopftuchurteil Eins“ aus dem Jahr 2003. Darin legten die Richter fest, dass das Recht „auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt“ verletzt würde, wenn Lehrerinnen wegen eines Kopftuches keinen Job bekämen. Durch den Widerruf der Einstellung habe das Land somit gegen das Allgemeine Gleichstellungsgesetz verstoßen, sagte die Anwältin.

Eine bindende Grundlage für den Umgang mit religiösen Symbolen wie Kopftüchern, wurde aber erst im Januar 2015 vom BVG geschaffen. In dem Urteil heißt es: „Ein pauschales Kopftuchverbot für Lehrkräfte in öffentlichen Schulen ist mit der Verfassung nicht vereinbar.“

Ausnahmen können die Schulen nur in Einzelfällen machen. Etwa wenn die staatliche Neutralität bedroht ist oder eine konkrete Gefährdung vorliegt. Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn die Lehrerin die Schulkinder mit islamistischem Gedankengut infiltrieren wolle.

Um ein Kopftuch bei einer Lehrerin zu verbieten zu können, muss der Schulfrieden konkret gefährdet sein, urteilte das Bundesverfassungsgericht

Der Richter in Osnabrück lehnte die Klage trotzdem ab. In seiner Urteilsbegründung führte er aus, dass eine Verletzung des Allgemeinen Gleichstellungsgesetzes nicht gegeben sei. Das Verwaltungsgericht könne nicht retrospektiv entscheiden. Schließlich kam das Urteil des BVG erst zwei Jahre nachdem die Behörde die Lehrerin entließ. Die Verantwortlichen hätten sich nur auf das damalige niedersächsische Schulgesetz beziehen können. Da dieses für alle Religionen und nicht nur für Muslime das Tragen religiöser Symbole verboten hatte, liege keine Ungleichbehandlung vor, sagte Neuhäuser.

Nach dem Urteil des BVG von 2015 hatte die Landesregierung das Schulgesetz per Erlass konkretisiert. Seitdem gilt auch hier, dass der Schulfrieden gefährdet sein muss, damit eine Schule das Kopftuch verbieten kann.

Die junge Lehrerin hat mittlerweile einen anderen Job gefunden. Sie arbeitet an der nicht-staatlichen Drei-Religionen-Schule in Osnabrück, die von christlichen, muslimischen und jüdischen Schülerinnen und Schülern besucht wird. Die Lehrerin kann nun in Berufung gehen.