VW: Klagen in den USA, Boykottaufruf in Deutschland

ABGAS-SKANDAL Der Konzern wollte Verfahren nach Deutschland verlegen – und scheitert vor Gericht

Die Kläger wollen Ausgleich für Kursverluste

WASHINGTON rtr/taz | Der Autohersteller VW ist mit dem Versuch gescheitert, Klagen von US-Anlegern nach Deutschland zu verlegen. Der Konzern und sein ehemaliger Vorstandschef Martin Winterkorn müssten sich gegen die Vorwürfe in Kalifornien verteidigen, entschied ein US-Bezirksgericht in San Francisco am späten Mittwoch. Die Kläger, vor allem US-amerikanische Pensionsfonds, wollen einen Ausgleich für Kursverluste durchsetzen, die im Zuge des Abgasskandals entstanden seien. VW hatte erreichen wollen, dass die Investorenklagen vor deutschen Gerichten verhandelt werden.

Analysten sehen in dem Verfahren weitere Risiken für Volkswagen. Der Konzern hält die von den Anlegern erhobenen Vorwürfe für unbegründet.

Auch in Deutschland könnte dem Konzern Ärger drohen. Gestern rief der Berliner Politikwissenschaftler Peter Grottian die Kunden dazu auf, VW „befristet zu boykottieren, bis alle Skandalkarten und ein Entschädigungsangebot auf dem Tisch liegen“. Grottian krisitiert auf seiner Hompage „vwboykott.com“, noch niemals sei ein „Industrieskandal so schamlos ausgesessen worden“. Weder VW, die Bundes- und Landesregierungen oder die IG Metall hätten ein Interesse an Aufklärung und Schadenersatz für VW-Kunden.

Während sich VW mit Privatklägern und den US-Behörden auf eine zivilrechtliche Wiedergutmachung geeinigt hat, steht auch ein strafrechtlicher Kompromiss noch aus. Dieser könnte den Konzern eine weitere Milliardensumme kosten, nachdem die zivilrechtliche Einigung bereits mit mehr als 16 Milliarden Dollar zu Buche schlägt. In Wolfsburg hofft man, den Streit vor dem Amtsantritt des künftigen US-Präsidenten Donald Trump am 20. Januar beizulegen. Sollte das nicht gelingen, rechnen Experten mit einer monatelangen Hängepartie, weil sich die neue Administration erst einarbeiten muss.