GEHT’S NOCH?
: Künstlich enger Horizont

Die Junge Union will den Doppelpass nicht. Dafür aber die Beobachtung der Amadeu-Antonio-Stiftung durch den V-Schutz

Auf dem CDU-Bundesparteitag in Essen ist die Junge Union doch tatsächlich mit ihrem Antrag zur Rücknahme der erst 2014 entschärften Doppelpassregelung durchgekommen. „Was für eine abgrundtief miese Bande“, würde jetzt hier stehen, wäre das einfach nur ein privater Onlinekommentar. Stattdessen steht hier nun lediglich: Hm.

Loyalität zu einem Gemeinwesen dürfte sich kaum dadurch erzwingen lassen, dass man den Leuten die gleichzeitige Teilnahme an einem anderen erschwert. Diese Erkenntnis ist dem durchschnittlichen Jungunioner viel zu hoch. Der wünscht sich lieber Persönlichkeiten mit einem künstlich engen Horizont – ein Pass, eine Haltung, eine Kultur, ein Land –, so wie er ihn hat. Es gibt eh schon zu viele Ausländer hier, da ist man endlich mal einer Meinung mit Sahra Wagenknecht. „Das Profil schärfen“, nennt das die CSU. Doch je tiefer das Profil, desto besser bleibt die Scheiße darin kleben.

In eine ähnliche Kerbe schlägt ein weiterer Antrag der Jungna… der Jungnarzissten, die Förderung der Amadeu-Antonio-Stiftung gegen Rassismus, Rechtsextremismus und Antisemitismus durch die Bundeszentrale für politische Bildung (BpB) einzustellen. Dasselbe forderte unter anderen schon Beatrix von Storch (AfD), was jedoch für sich eher mal kein ausreichender Indikator für die Güte dieses Antrags ist.

Ganz im Gegenteil. Flirts mit rechtem Gedankengut haben bei der Jungen Union unselige Tradition. So tauchte erst dieser Tage ein zehn Jahre altes Video auf, in dem eine Gruppe der Berliner Schüler-Union auf einer Reise nach Riga Nazisprüche schwingt.

Nun könnte man natürlich sagen: Olle Kamellen, und die waren doch noch Kinder. Doch drei der dreistesten Bürschchen sind nach kurzem Stehen in der Schämecke inzwischen so hoch in Amt und Würden, dass es den Beobachter schwindelt. Außerdem driften alternde Menschen im Lauf der Jahre ja oft noch weiter nach rechts (Mahler, Matussek, Martenstein, Mugabe). Wenn jemand aber schon in jungen Jahren so drauf ist: Wie weit rechts muss er dann erst als Erwachsener sein – kommt da denn nicht irgendwann’ne Wand? Wer die Antwort wirklich wissen möchte, guckt sich auf YouTube auch Bilder von schweren Autounfällen oder kleinen Katzen, die sich wehtun, an. Uli Hannemann