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Tücken der Technik

Ablesen Mit funkbasierten Messgeräten braucht der Heizungsableser nicht mehr in die Wohnung zu gehen. Das ist komfortabler, Kritiker befürchten aber, dass auf diesem Weg auch andere Verbrauchsdaten übertragen werden

von Hannes Stepputat

Wenn sich das Jahr dem Ende neigt, hat eine Branche viel zu tun: die Heizungsablesedienste. Die Zettel mit den Ankündigungen kleben an den Haustüren und nennen einen meist wenig konkreten Zeitpunkt mitten am Tag –meist verbunden mit dem Hinweis, dass es Kosten verursachen wird, sollte dem Mitarbeiter kein Zugang gewährt werden. Wer sich gut mit seinen Nachbarn versteht, wird dafür noch eine Lösung finden. Allen anderen bleibt oft nur, einen Urlaubstag zu nehmen. Nach höchstens zehn Minuten ist die Sache in einer normalen Wohnung dann erledigt und man fragt sich: dafür der Aufwand?

Mit funkbasierten Messgeräten an den Heizkörpern soll das der Vergangenheit angehören, denn die Ableser brauchen keinen Zutritt mehr zur Wohnung. Sicher komfortabler für die Mieter, doch es gibt auch Kritik an der neuen Technik. Nicht jeder will weitere funkende Geräte in seiner Wohnung haben, auch datenschutzrechtliche Vorbehalte werden immer wieder vorgebracht. Auch höhere Kosten sind ein Thema. Wie funktionieren die Geräte? Was muss ein Mieter dulden? Wer bezahlt einen Umbau?

Zunächst einmal: Neu ist die Technik nicht, sie wird schon seit Jahren eingesetzt und ein großer Teil der Messgeräte ist bereits funkfähig. Marktführer Techem teilte auf Anfrage mit, dass mit 16 Millionen Geräten etwa 65 Prozent der Messgeräte funkfähig seien. Bei Ista, der Nummer zwei auf dem deutschen Markt, seien es etwa 50 Prozent, was geschätzt zwölf bis 13 Millionen Geräte sein dürften. Dies bedeute jedoch nicht, dass auch alle Geräte per Funk ausgelesen würden. Ob das geschieht, entscheide der Kunde, also Vermieter oder Hausverwalter.

Bei Ista werden zwei Systeme eingesetzt, um die Daten auszulesen. Wenn im Treppenhaus eine Empfängerstation verbaut ist, funken die Geräte an den Heizkörpern die Zählerstände an dieses „Gateway“. Von dort werden sie dann via Mobilfunk an Ista gesendet. Die zweite Möglichkeit besteht darin, dass ein Mitarbeiter, der mit einem PDA ausgestattet ist, die Daten im Treppenhaus empfängt. Das Betreten der Wohnung ist in beiden Fällen nicht mehr notwendig. Die Übertragung der Daten geschehe immer im Einklang mit den Datenschutzbestimmungen, sagen die Sprecher von Techem und Ista unisono.

Tatsächlich sind die funkenden Wärmezähler nicht ohne Weiteres mit den neuen, „smarten“ Stromzählern zu vergleichen. Diese sind in der Lage, detaillierte Daten zum Stromverbrauch in Echtzeit zu übermitteln. Damit ist es beispielsweise möglich, Nutzungsprofile zu erstellen. Wie oft benutzt ein Bewohner die Mikrowelle, wie oft wird der Kühlschrank geöffnet, wann geht der Mieter ins Bett und löscht das Licht? Wärme hingegen ist viel träger und weniger aussagekräftig. Außer über Vorlieben, wie warm es jemand gern hat und wie lange er zu duschen pflegt, lassen sich kaum Aussagen aus den Daten ableiten. Erlaubt ist deren Verwendung für solche Zwecke aber sowieso nicht – bisher jedenfalls.

Wer sich als Mieter mit den alten Zählern wohler fühlt, kann sich trotzdem nicht grundsätzlich gegen die Neuen wehren oder gar beim Einzug den Ausbau schon vorhandener Funksysteme fordern. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat 2011 entschieden, dass Mieter den Einbau der Funksender dulden müssen. Die rechtliche Grundlage dafür ist die Heizkostenverordnung, in der es heißt, dass der Vermieter den individuellen Verbrauch von Heizenergie und Warmwasser zu erfassen und der Mieter dies zu dulden hat. In dem Urteil weist der BGH auch gesundheitliche Einwände gegen die Funksysteme zurück. Gesundheitsschädliche Auswirkungen durch die Funkstrahlung seien wissenschaftlich nicht belegt.

Trotzdem sind Mieter einem ungewollten Austausch der alten Geräte gegen die neuen Funksysteme nicht vollkommen ausgeliefert. Die Funkzähler sind in der Anschaffung deutlich teurer als die alten „Verdunster“-Zähler. Damit Vermieter überhaupt einen Anreiz haben, neue Geräte anzuschaffen, bieten Firmen wie Ista ihnen an, die Zähler zu mieten statt sie zu kaufen. Für die Vermieter hat das noch einen weiteren Vorteil: Anders als der Kaufpreis können die Mietkosten als Heizungsnebenkosten auf die Wohnungsmieter umgelegt werden, sagt Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund.

Allerdings muss der Vermieter seine Mieter vorab über die geplante Modernisierung und die daraus entstehenden Kosten informieren. Widerspricht dann eine Mehrheit der Mieter binnen eines Monats, kann der Vermieter die Geräte nicht mieten, sondern müsste sie kaufen. „Die meisten Mieter wissen nicht, dass sie der beabsichtigten Anmietung eines neuen Erfassungssystems widersprechen können“, sagt Ropertz. Im Zweifel sollten Mieter sich also kurzfristig an den Mieterbund wenden.

Zweifel sind auch bei der Abrechnung angebracht, sagt Johanna Kardel vom Bundesverband der Verbraucherzentralen. Denn für die Ablesedienste werden bei den Funkzählern häufig höhere Gebühren fällig als bei den alten Zählern – und das bei sinkenden Personalkosten. Ein Grundproblem sei, so viele Kritiker, dass der Ablesevertrag zwischen dem Anbieter und dem Kunden, also Vermieter oder Hausverwaltung, geschlossen werde, die Kosten aber der Mieter tragen müsse. Im Ergebnis seien die Vermieter als Kunden wenig preisbewusst.

Ista verweist dagegen auf die Marktgesetze, wonach Vermieter immer ein Interesse an möglichst niedrigen Nebenkosten hätten. Die Ablesekosten würden demnach zwischen fünf und zehn Cent pro Quadratmeter und Monat betragen – egal ob Funk- oder herkömmliche Zähler. Bei einer 70-Quadratmeter-Wohnung immerhin eine Preisspanne zwischen 42 und 84 Euro pro Jahr.

Misstrauisch gegenüber der Geschäftspraxis sind offenbar auch die Wettbewerbshüter vom Bundeskartellamt. Beim „Submetering“, wie die Dienstleistung im Fachjargon heißt, werden die zur Erfassung nötigen Geräte, die Ablesung und das Erstellen der Abrechnung „aus einer Hand“ angeboten. Häufig handelt es sich dabei um geschlossene Systeme, das heißt, die Geräte eines Herstellers können nicht mit denen eines anderen ausgelesen werden. Für die Firmen ist das ein Wettbewerbsvorteil, denn für die Kunden wird ein Anbieterwechsel komplizierter.

Das Bundeskartellamt hat im Juli 2015 eine sogenannte Sektoruntersuchung eingeleitet, um Marktsituation, Preise und Erlöse beim Submetering zu untersuchen.

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