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Meck-Pomm: Bequem geht vor

Koalition Der alte und neue Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) ist vereidigt. SPD und CDU setzen auf mehr Teilhabe und Entlastung von Eltern etwa bei Kita-Gebühren

Jetzt zusammen im Landtag: Erwin Sellering (l.) und AfD-Fraktionsvorsitzender Leif-Erik Holm Foto: Jens Büttner/dpa

von Patricia Hecht

BERLIN taz | Obwohl die Landtagswahl vor zwei Monaten die etablierten Parteien in einige Nöte gestürzt und der AfD 20 Prozent beschert hat, macht Mecklenburg-Vorpommern so weiter wie bisher: Erwin Sellering (SPD) ist am Dienstag als Ministerpräsident wiedergewählt worden. Der 67-Jährige führt damit in dritter Amtszeit und auch zum dritten Mal an der Spitze einer Koalition aus SPD und CDU die Regierungsgeschäfte des Landes. „Wir werden ein Angebot machen an die Menschen für mehr Mitsprache bei wichtigen Fragen“, kündigte Sellering nach seiner Vereidigung an. Er versucht damit auch darauf zu reagieren, dass die AfD viele Protest- und bisherige NichtwählerInnen an die Urnen gebracht hat.

Die Wahl im September hatte Sellerings SPD zwar herbe Verluste beschert. Sie blieb aber vor allem durch einen auf ihn zugeschnittenen Wahlkampf mit 30 Prozent stärkste Kraft, gefolgt von der rechtspopulistischen AfD. Die CDU wurde nur noch drittstärkste Partei und fuhr ebenso wie die Linkspartei ihr bisher schlechtestes Ergebnis in dem Bundesland ein. Beide hatten als Reaktion auf den Aufschwung der AfD auf einen heimattümelnden Wahlkampf gesetzt. Die Grünen verpassten den Wiedereinzug in den Schweriner Landtag gleich ganz.

Während allerdings schon vor der Wahl klar war, dass sich keine Partei auf eine Zusammenarbeit mit der AfD einlassen würde, hatte die SPD mit der Linkspartei zumindest noch offiziell eine Koalition für möglich befunden: Man wolle „ernsthafte“ Gespräche führen, so Sellering. Linkspartei-Spitzenkandidat Helmut Holter seinerseits warb offensiv für eine Wiederauflage von Rot-Rot, das 1998 bis 2006 das erste seiner Art im Bundesgebiet war.

Bereits Mitte September aber war klar, dass die Große Koalition wohl überdauern würde. Zum einen, weil eine Mehrheit mit der Linkspartei dünner gewesen wäre als mit der CDU. Zudem ist laut Umfragen der Bevölkerung eine Große Koalition lieber. Und schließlich greift Sellering auf Bewährtes zurück: Das Bündnis regiert seit 2006.

Sellering greift auf Bewährtes zurück: Das Bündnis regiert seit zehn Jahren

Dem Regierungsteam gehören acht MinisterInnen an, fünf stellt die SPD, drei die CDU. Neu sind Stefanie Drese (SPD) als Sozial- und Katy Hoffmeister (CDU) als Justizministerin. Wirbel gab es um den ursprünglich für dieses Amt vorgesehenen Stralsunder Staatsanwalt Sascha Ott. Der hatte AfD-Einträge bei Facebook mit „gefällt mir“ markiert, was ihn schließlich den Ministerposten kostete – und die CDU in die Lage versetzte, auf die Kritik reagieren zu können, keine Frau im Team zu haben. Überraschend soll zudem der ehemalige Bildungsminister Mathias Brodkorb (SPD) Finanzminister werden.

Vorrangig bleibt im neuen Koalitionsvertrag das Ziel, keine neuen Schulden aufzunehmen. Zudem soll es mehr Hilfen für Regionen geben, in denen sich Menschen benachteiligt fühlen. Eltern sollen etwa bei Kita-Gebühren entlastet werden, mehr Volksbefragungen sollen, wie angekündigt, stärkere politische Teilhabe ermöglichen. Und damit das nicht ganz nach hinten losgeht, soll auch die Bildung stark gemacht werden.

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