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Manipulation bei VersicherungenDer Trick mit dem späten Tod

Die Deutschen werden immer älter. Doch amtliche Zahlen und Kalkulationen der Versicherer klaffen weit auseinander – zulasten der Kunden.

Kommt der Schnitter nach 84 oder 88 Jahren ein? Die Differenz kann Geld kosten Foto: dpa

Hamburg taz | Die Lebenserwartung in Deutschland steigt deutlich. Und noch eine weitere gute Nachricht verbreitete das Statistische Bundesamt (Destatis) am Donnerstag: Der Abstand zwischen den Bundesländern mit der höchsten und der niedrigsten Lebenserwartung habe sich in den vergangenen 20 Jahren „fast halbiert“. Dennoch dürften neugeborene Jungen in Baden-Württemberg statistisch noch drei Jahre und vier Monate älter werden als ihre Geschlechtsgenossen in Sachsen-Anhalt.

Im Bundesdurchschnitt beträgt die Lebenserwartung laut der neuen „Sterbetafel 2013–2015“ des Statistikamtes in Wiesbaden nun 78 Jahre und zwei Monate (Jungen) oder 83 Jahre und ein Monat (Mädchen). Damit ist die Lebenserwartung im Vergleich zur Sterbetafel in den 1990er Jahren um rund fünf Jahre gestiegen.

In der Versicherungswirtschaft kalkuliert man allerdings mit ganz anderen Zahlen. Beispielsweise wird ein heute 40-jähriger Mann laut Versicherer mehr als vier Jahre älter werden als Destatis zufolge. Noch mehr Jahre beträgt die mathematische Kluft bei Frauen: Der Jahrgang 1976 wird durchschnittlich 88,1 Jahre alt (Versicherer) oder nur 83,8 (Amt).

Die großen Unterschiede bei der Lebenserwartung schlagen sich in der Kalkulation der Produkte in Euro und Cent nieder. Dafür zuständig ist die Deutsche Aktuarvereinigung der Versicherungs- und Finanzmathematiker, kurz DAV. Der DAV baue „Sicherheitszuschläge“ ein, heißt es in einer ausführlichen Stellungnahme, die der tazvorliegt. Verträge für Rentenzahlungen könnten über 50 Jahre und länger laufen. „Wer solche langfristigen Garantien ausspricht, muss in jedem Fall Vorsicht walten lassen“, so ein DAV-Sprecher in Köln.

Lebens-, Berufsunfähigkeits- oder private Krankenversicherungen werden teurer

Besteht das Risiko – wie bei einem Lebensversicherungsvertrag – im Tod des Versicherten, so werde die Sterbewahrscheinlichkeit erhöht. Besteht das Risiko im Überleben, etwa bei Rentenversicherungen, so werde die Sterbewahrscheinlichkeit gesenkt. Man sei damit „der Realität näher als Destatis“, versprechen die Versicherungsmathematiker.

Solche Abweichungen von der amtlichen Statistik sind durchaus rechtens. Der Gesetzgeber verpflichtet die Branche im Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG), seine Tarife vorsichtig zu kalkulieren. Was das konkret bedeutet, entscheiden jedoch die privaten Unternehmen. Verbraucherschützer befürchten daher, dass Versicherte aufgrund dieser Kalkulation eigentlich „steinalt“ werden müssten, um etwa bei einer heutigen Riester-Rente später positive Renditen zu erzielen. Unterm Strich dürften Versicherer bei Lebens-, Berufsunfähigkeits- oder privaten Krankenversicherungen höhere Beiträge als eigentlich nötig kassieren.

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5 Kommentare

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  • Die Lebenserwartung mit 40 ist statistisch höher, weil dann die Risikophase (Kinderkrankheiten, gefährliche Hobbies usw.) beim hypothetischen Durchschnittsmenschen vorbei ist. Tendenz zu Risikoverhalten ist auch der wesentliche Grund für den Unterschied zwischen Männern und Frauen.

  • Die statistisch ermittelte durchschnittliche Lebenserwartung als Kriterium zu verwenden ist Unsinn.

     

    Rechnerisch trifft da zwar alles zu, aber real leben Reiche deutlich länger und mindestens 20 Prozent aller Bürger sterben zehn Jahre früher durch die Folgen finanzieller Unterversorgung.

     

    Die Rechnung der Versicherer besteht hauptsächlich aus dem Maximalrisiko und der notwendigen Mindestrendite der Anbieter, ohne die es Lebensvericherungen gar nicht geben würde.

     

    Das Maximalrisiko liegt dort, wo Besserverdienende besonders alt werden. Es so zu betrachten ist gerechtfertigt, weil andere, die noch nicht einmal genug Geld für das Notwendigste haben, sicher auch keine teure Lebensversicherung abschließen werden.

  • Werden die aus Gründen einer sehr vorsichtigen Kalkulation "überzahlten" Beiträge den bestehenden Verträgen nicht mit der Überschussbeteiligung wieder gutgeschrieben?

     

    Die Überschussbeteiligung wurde zwar in den vergangenen Jahren gesenkt, was jedoch mit der Entwicklung am Kapitalmarkt, also vor allem mit dem gesunkenen Zinsniveau, zu tun hat.

     

    Besteht die Überschussbeteiligung nicht aus drei unterschiedlich hohen Teilen, nämlich den Kosten- und Risikogewinn sowie den Erträgen aus Kapitalanlagen (Zins- und realisierte Kursgewinne)?

     

    Setzt sich der Beitrag für eine kapitalbildenden Lebensversicherung und für eine private Rentenversicherung nicht auch aus drei unterschiedlich hohen Komponenten zusammen, dem Kosten-, Risiko- und Sparanteil?

     

    Meiner Meinung nach stimmt der Artikel von Hermannus Pfeiffer zwar zum allergrößten Teil, jedoch in dem erwähnten Aspekt erscheint er mir fragwürdig zu sein.

  • Natürlich kassieren Versicherungen höhere Beiträge als eigentlich nötig. Das sind doch Firmen deren Ziel und Aufgabe es ist Gewinn zu machen. Der Liter Soyamilch im Laden kostet auch mehr als eigentlich nötig.

  • 8G
    86548 (Profil gelöscht)

    Bei einer privaten Lebens- oder Rentenversicherung ist nicht die Rendite entscheidend, sondern die lebenslange garantierte Auszahlung. Diese Sicherheit will bezahlt sein. Wer das nicht möchte, schließt keine private Versicherung ab. Dann gibt es halt später H4. Das ist immerhin auch eine garantierte, lebenslange Leistung.