Paragraf 63, Aufenthaltsgesetz

Aktion Sie wollten per Flugzeug kommen, die Regierung ging dazwischen. Nun klagen 23 Flüchtlinge

BERLIN taz | Mit einer Klage vor dem Verwaltungsgericht Berlin wollen 23 syrische Geflüchtete feststellen lassen, dass die Bundesregierung sie nicht hätte hindern dürfen, als sie im Juni mit einem Charterflug nach Deutschland reisen wollten.

Hintergrund ist eine Aktion des Zentrums für Politische Schönheit, einer Gruppe von Kunstaktivisten. Diese hatten im Rahmen einer umstrittenen Kampagne im Juni bei der Fluggesellschaft Air Berlin ein Flugzeug gechartert, das nach eigenen Angaben am 28. Juni insgesamt 115 syrische Flüchtlinge, darunter viele Kinder, auf sicherem Weg aus dem türkischen Antalya nach Berlin bringen sollte.

Kurz zuvor hatte das Zentrum dem Innenministerium eine Namensliste der Passagiere übersandt und um eine Einreisegenehmigung ersucht. Diese wurde verweigert. Das Zentrum wollte das Flugzeug dennoch starten lassen. Mit der Aktion provozierten die Kunstaktivisten eine Anwendung des Paragrafen 63 im deutschen Aufenthaltsgesetz, der Unternehmen unter anderem Zwangsgelder androht, wenn sie sich an der Einreise von Menschen ohne gültige Papiere beteiligen.

Das Zentrum sieht in dem Paragrafen eine indirekte Werbemaßnahme für Schlepperringe. Der Paragraf, der sich auf eine EU-Richtlinie stützt, verhindere, dass politisch verfolgte Menschen auf sicheren Wegen in ein sicheres Aufnahmeland wie Deutschland gelangen könnten.

Tatsächlich kam Paragraf 63 dann zur Anwendung: Die Bundespolizei wurde im Vorfeld des Fluges bei Air Berlin vorstellig. Das Unternehmen kündigte daraufhin den Vertrag. Die Folge: Flug AB 9717 fand nicht statt.

Hiergegen gehen 23 der Betroffenen nun laut deren Anwalt Markus Goldbach vor. Sie argumentieren, Paragraf 63 des Aufenthaltsgesetzes sei nicht grundgesetzkonform und seine Anwendung durch das Innenministerium rechtswidrig gewesen.

Ein Gerichtssprecher bestätigte am Mittwoch den Eingang der Klageschrift, sagte jedoch auch, die Klage werfe „eine Reihe von Zulässigkeitsfragen auf“. Das Bundesinnenministerium sehe der Klage gelassen entgegen, sagte ein Sprecher. Martin Kaul

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