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Schuld allein: die Sachsen

Terror Nach der Sitzung des Innenausschusses im Bundestag bleibt die Kritik an der Generalbundesanwaltschaft und am Bundesamt für Verfassungsschutz weitgehend aus

aus Berlin und Dresden Sabine am Orde und Michael Bartsch

Der Generalbundesanwalt (GBA) hätte die Ermittlungen im Fall Jaber al-Bakr, der ein Selbstmord­attentat geplant haben soll, früher an sich ziehen müssen, sagte Armin Schuster (CDU) am Mittwoch in Berlin und blieb damit bei seiner früheren Kritik. „Bei einem solchen Angriff geht es nicht um Sachsen, es geht um die Bundesrepublik.“ Schuster, Obmann der Union im Innenausschuss des Bundestags, der sich zuvor über die Hintergründe des Falls informiert hatte, stand dabei mit seiner Kritik an der Karlsruher Behörde weitgehend allein.

Alle anderen scheint Generalbundesanwalt Peter Frank mit seinen Argumenten wohl überzeugt zu haben. „Die Darstellung des GBA war plausibel“, sagte die Obfrau der Grünen, Irene Mihalic. Ihre Kollegen von SPD und Linken äußerten sich ähnlich. Frank war – wie Vertreter des Bundesamts für Verfassungsschutzes (BfV), des sächsischen Innen- und Justizministeriums – in den Innenausschuss geladen worden. Der Syrer al-Bakr hatte sich am vergangenen Mittwochabend zwei Tage nach seiner Festnahme in einer Zelle in Leipzig erhängt, die dortige JVA hatte ihn als nicht akut suizidgefährdet eingestuft. Die Ermittler glauben, dass al-Bakr kurz davor war, einen Sprengstoffanschlag auf einen Berliner Flughafen zu verüben. Als die sächsische Polizei versuchte, ihn festzunehmen, entkam er, schließlich überwältigten ihn drei Landsleute.

Hätte der Generalbundesanwalt, der Erfahrung mit Terroristen hat, den Fall nicht sofort übernehmen müssen? Nach Ansicht der Behörde sei die „besondere Bedeutung des Falls“ erst nach dem Fund von 1,5 Kilogramm Sprengstoff in al-Bakrs Wohnung klar geworden und damit Karlsruhe zuständig gewesen. Und weil der Prozess gegen al-Bakr nach dem Tatortprinzip in Dresden stattgefunden hätte, wäre dieser ohnehin in Sachsen inhaftiert worden.

Eine andere drängende Frage ging an das Bundesamt für Verfassungsschutz: Hätte es die sächsische Polizei nicht früher informieren müssen? Dies geschah erst am Freitag, am Samstagmorgen griff die Polizei dann zu. Mit mehr Zeit hätte der Einsatz besser geplant, al-Bakrs Flucht vielleicht verhindert werden können.

Doch nach der Ausschusssitzung, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand und in Teilen als geheim eingestuft wurde, wollte niemand mehr so recht am Verfassungsschutz Kritik üben. Die Sachsen seien über die Arbeit im Gemeinsamen Terrorabwehrzentrum eingebundenen gewesen, sagte die Grüne Mihalic. Unklar aber bleibe, wann ein solcher Fall in die nachrichtendienstliche Zuständigkeit fällt, und wann er Sache der Polizei ist. Dies müsse geklärt werden. Auch der stellvertretende Ausschussvorsitzende Frank Tempel (Linke) forderte, die Regularien zu überprüfen, wann der Geheimdienst die Polizei einbeziehen muss.

Die Vertreter der Koalition lobten die Sicherheitsbehörden, die einen schweren Anschlag verhindert hätten. Für sie scheint die Schuldfrage geklärt zu sein: „Die alleinige Verantwortung liegt im Freistaat Sachsen“, sagte SPD-Obmann Burkhard Lischka. Dort müssten, da waren sich alle einig, die Fehler gründlich aufgeklärt werden.

Die sächsische Landesregierung hat eine vierköpfige, unabhängige Untersuchungskommission unter Leitung des früheren Verfassungsrichters Herbert Landau eingesetzt. Nach einer Sondersitzung des Innen- und des Rechtsausschusses im Sächsischen Landtag aber haben Vertreter aller Fraktionen ihre Kritik abgeschwächt. „Nachvollziehbar“ und „plausibel“ nannten nicht nur die Regierungsparteien CDU und SPD das Verhalten von Polizei und Justiz. „Die Leitung der Leipziger Justizvollzugsanstalt hat nicht verantwortungslos gehandelt“, sagte der linke Vorsitzende des Rechtsausschusses, Klaus Bartl.

Die Grünen schoben ihre bisherige Forderung nach einem Rücktritt von Justizminister Sebastian Gemkow (CDU) auf, bis die Ergebnisse der Untersuchungskommission vorliegen. Innenpolitiker Valentin Lippmann aber will wissen, warum die Polizei vor dem Zugriff nicht den detaillierten Hinweisen des Bundesverfassungsschutzes vertraute und bei eigenen Ermittlungen wertvolle Zeit verlor.

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