: Sozialhilfe für EU-Bürger deutlich später
Gesetzentwurf Kommunen erleichtert über Neuregelung von Andrea Nahles. Kritik von den Grünen
„Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf schaffen wir wieder Rechtssicherheit“, sagte Nahles. Wer noch nie in Deutschland gearbeitet habe und für seinen Lebensunterhalt auf staatliche finanzielle Unterstützung aus der Grundsicherung angewiesen sei, für den gelte: „Existenzsichernde Leistungen sind im jeweiligen Heimatland zu beantragen.“ Nothilfe soll künftig maximal einen Monat ausbezahlt werden. EU-BürgerInnen, die in Deutschland arbeiten und auch Beiträge zahlen, so stellt das Sozialministerium in einer Stellungnahme klar, haben künftig aber nach wie vor Anspruch auf Leistungen aus den Sozialsystemen. Auch Minijobber und Aufstocker, die nur wenig Beiträge in die Sozialsystem einzahlen, sind nicht von dem Leistungsausschluss betroffen.
Verabschiedet der Bundestag den Entwurf, hätte die Bundesregierung ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) revidiert. Vergangenen Dezember sprachen die Bundesrichter Ausländern aus anderen EU-Staaten zu, nach 6 Monaten in Deutschland Anspruch auf Sozialhilfe zu haben. Damit alarmierten sie Städte und Kommunen, die höhere Ausgaben befürchteten. Als Begründung führten die Richter an, dass die kommunalen Ausländerbehörden Personen ohne Arbeit rechtzeitig ausweisen könnten, um diesen Anspruch zu verhindern.
Dementsprechend erleichtert äußerten sich nun Städte und Kommunen zum Kabinettsbeschluss. „Die Städte warten schon auf dieses Gesetz, das nun rasch im Bundestag beschlossen werden sollte“, sagte Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages. Das Gesetz würde dafür sorgen, dass die Kommunen nicht weiter zusätzliche Sozialausgaben schultern müssten.
Schon vor dem Kabinettsbeschluss hatten die Kommunen auf die Folgen des BSG-Urteils aufmerksam gemacht. Seither würden deutlich mehr EU-BürgerInnen unter Berufung auf die Urteile des Bundessozialgerichts Sozialhilfeleistungen einfordern und einklagen. Konkrete Zahlen kann der Städtetag aber nicht vorlegen.
Die Opposition hingegen kritisiert den Beschluss. Der sozialpolitische Sprecher der Grünenfraktion im Bundestag, Wolfgang Strengmann-Kuhn, spricht von einem „völlig falschen“ Signal. „Die geplanten Regelungen gefährden das, was wir gerade jetzt dringend brauchen: Mehr soziales Europa, echte Freizügigkeit und eine Europäische Union, die über die nationalen Grenzen hinaus zusammenhält.“ Ralf Pauli
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