TV-Duell ohne Popcorn-Faktor

USA Die Kandidaten um die Vizepräsidentschaft lieferten sich eine recht zivile Fernsehdebatte. Republikaner Pence könnte dabei Punkte gutgemacht haben

Trumps Vize umarmt seinen Sohn Foto: Patrick Semansky/ap

Von Bernd Pickert

BERLIN taz | TV-Debatten der Vizepräsidentschaftskandidaten haben zwei Traditionen: Sie finden immer als zweite von vier Debatten statt – die Vizes treffen sich nur einmal, die Präsidentschaftskandidaten dreimal. Und zweitens: Sie stoßen nicht einmal annähernd auf so viel Zuschauerinteresse wie die Duelle der Kandidaten selbst. Einzige Ausnahme war 2008 das TV-Duell zwischen Joe Biden und Sarah Palin – aber das lag einzig und allein am Popcorn-Faktor Sarah Palin.

Als sich am Mittwochabend hingegen der Republikaner Mike Pence und der Demokrat Tim Kaine zur Diskussion trafen, rechnete niemand mit einem besonderen Moment der Fernsehgeschichte. „Zwei Männer betreten die Bühne – und keiner schert sich drum“, titelte Trevor Noahs Daily Show.

„Zwei Männer betreten die Bühne – und keiner schert sich drum“

Trevor Noah in der Daily Show

Dabei war die Debatte nicht so uninteressant, wie manche erwartet hatten. Beide Kontrahenten, der demokratische Senator aus Virginia und der Gouverneur von Indiana, sind seit vielen Jahren in der Politik. Beide gelten zu Recht nicht als besonders charismatisch – und so war denn auch ihre Diskussion eine über weite Teile recht ernsthaft geführte Debatte über die unterschiedlichen politischen Vorschläge beider Seiten, wenn auch geprägt von immer wiederkehrenden Angriffen Kaines auf Donald Trump, die er in der Regel mit „Ich kann nicht glauben, dass Gouverneur Pence einen Mann verteidigt, der …“ einleitete. Pence tat sich selbst den Gefallen, nur selten auf die Angriffe einzugehen.

Wirkliche Neuigkeiten kamen einzig beim Thema Außenpolitik zur Sprache: Pence schlug vor, die USA sollten Schutzzonen in Syrien gegen die Aggression Russlands und des Assad-Regimes einrichten. „Die Provokationen Russlands müssen mit amerikanischer Stärke beantwortet werden.“ Sollte Russland bei „diesen barbarischen Angriffen gegen Zivilisten in Aleppo weiter mitmachen, sollten die USA darauf vorbereitet sein, militärisch gegen Ziele des Assad-Regimes vorzugehen.“

Gesten: Tim Kaine (l.) und Mike Pence Foto: Jonathan Ernst/ reuters

Im gleichen Zusammenhang erläuterte Pence auch, wie er die verschiedenen Äußerungen Trumps und von ihm selbst über die Führungsstärke des russischen Präsidenten Putin verstanden haben will: Wenn man sehe, dass „der kleine rüpelhafte russische Führer“ auf der Weltbühne kraftvoller agiere als die US-Regierung, dann sei das schmerzlich, aber keinesfalls eine Lobpreisung Putins, sondern eine Anklage der Schwäche der Obama-Regierung.

War es vor gut einer Woche Donald Trump, der Hillary Clinton ein ums andere mal unterbrach, war es nun an Kaine, Pence immer wieder unangenehm ins Wort zu fallen. Wohl auch deshalb fanden die meisten US-Kommentatoren, der Republikaner habe die bessere Figur abgeben. Er könnte dazu beigetragen haben, meinen sie, den jüngsten Abwärtstrend Donald Trumps in den Umfragen zumindest aufzuhalten. Weiteres muss dann wieder der Chef übernehmen: Bei der nächsten Debatte mit Hillary Clinton am kommenden Sonntag in St. Louis.